Wie verbessern die Daten konkret Operationen?
Horsch: Wir unterscheiden zwei Anwendungsfälle im Projekt DAIOR: Zum einen sammeln und analysieren wir Daten wie Bilder, Videos, Vitaldaten und OP-Berichte, extrahieren das Wissen und führen es kompakt und für die Medizinerinnen und Mediziner interpretierbar zusammen. Zum anderen gibt es den robotischen Use Case Telerobotik, für den wir als Basis die schnelle 5G-Kommunikationsstruktur nutzen.
Unser Ziel sind telechirurgische Einsätze über Standortgrenzen hinweg. Bei einer Operation in Straßburg kann zum Beispiel der Operateur oder die Operateurin in Mannheim das robotische System bedienen.
Wegen der großen Distanz sind Verzögerungen möglich oder es gehen Datenpakete verloren. Mit dem KI-Modell, das wir mit Daten verschiedener Standorte trainiert haben, können wir solche Verzögerungen oder Aussetzer jetzt ausgleichen, indem mit diesem Erfahrungsschatz gewisse Reaktionen vorausgesagt werden.
Roboter in der Telechirurgie können auch ein haptisches Feedback vermitteln. Im Gegensatz zu Audio- oder Videosignalen reagieren unsere haptischen Sinne aber viel empfindlicher auf Latenzen. Erst mit dieser errechneten Vorhersage einer Reaktion erhalten Bedienende einen immersiven Eindruck in ihrer Mixed-Realitiy-Welt, das fördert den klinischen Workflow.
Die Qualität der Algorithmen nimmt durch das Training zu. So gelingen bessere Vorhersagen darüber, wie der Sensor reagieren wird, und damit auch eine bessere Bedienung der Telechirurgie durch verfeinerte Assistenzsysteme.
Sind auch Teilautomatisierungen durch diese Verbesserungen möglich?
Johannes Horsch: Repetitive Aufgaben werden sich auf diesem Weg zunehmend automatisieren lassen, Ärztinnen und Ärzte behalten aber die Entscheidungshoheit. Wenn zum Beispiel nach einem Schlaganfall ein Katheter autonom durch das Gefäßsystem navigiert werden soll, wenn es um das Setzen einer Naht geht oder wenn um ein Gefäß manövriert werden muss, können entsprechend trainierte Assistenzsysteme solche Teilaufgaben übernehmen.