Im Interview mit MEDICA.de spricht Prof. Henner Gimpel über das Projekt "Hospital 4.0", den aktuellen Stand der Krankenhauslogistik und wie sie in Zukunft aussehen könnte.
Herr Prof. Gimpel, was war der Gegenstand des Projekts "Hospital 4.0"?
Prof. Henner Gimpel: Wir haben uns die Logistik in Krankenhäusern näher angesehen, um herauszufinden, wie wir sie mit digitalen Mitteln schlanker und effizienter machen können. Dabei ging es darum, Verschwendung zu vermeiden und Abläufe zu optimieren, um so auch die Qualität der Versorgung zu verbessern.
Dabei haben wir mit dem Uniklinikum Augsburg und dem Klinikum Bayreuth zusammengearbeitet und uns dort die Prozesse im Detail angeschaut. Zusammen mit der TH Ingolstadt und POLAVIS, einem Berliner Softwareanbieter für Krankenhäuser, haben wir mögliche Lösungen konzipiert.
Wie würden Sie denn den heutigen Stand der Krankenhauslogistik bewerten?
Gimpel: Da muss man verschiedene Perspektiven betrachten. Wenn es um die Rahmenbedingungen der Arbeit geht, würde ich die Logistik in den meisten Häusern, die ich kenne, als schlecht bewerten. Das betrifft etwa die baulichen Voraussetzungen und die IT-Systeme, aber teilweise auch die Prozesse, in denen das Personal arbeitet.
Wenn ich mir allerdings das Personal selbst anschaue, bin ich immer wieder beeindruckt, mit wie viel Wissen und Engagement sie auch bei verbesserungswürdigen Rahmenbedingungen den Betrieb aufrechterhalten und richtig gute Arbeit machen.
Haben Sie bestimmte Schwachstellen in den Abläufen identifiziert?
Gimpel: Wir haben uns zwei Prozesse angeschaut. Der eine ist die Materiallogistik, also alles vom Ankommen eines LKWs an der Laderampe bis hin zur Nutzung des Materials am Patientenbett. Der andere ist die Bettenlogistik: Wie werden die Bettengestelle durchs Haus transportiert und gereinigt? Und wie kommen sie wieder an ihren Platz?
Es gibt Krankenhauslager, in denen die Materialanforderungen ohne Priorisierung nach der Reihenfolge ihres Eingangs abgearbeitet werden. In dringenden Fällen geht es dann schneller, wenn eine Pflegekraft von der Station selbst ins Lager läuft, um das Material zu holen. Allgemein wird das Pflegepersonal zu viel in die Logistikprozesse mit eingebunden, etwa auch in die Bestandskontrolle auf den Stationen oder das Abschicken von Bestellungen. Das sind Aufgaben, die auch eine Versorgungsassistenz übernehmen könnte, damit die Pflegekräfte weniger Zeit mit der Logistik und mehr bei den Patienten verbringen können.
Weiterhin fehlt es oft an Transparenz: Kaum ein Krankenhaus weiß heute, wie viel und welche Produkte es im gesamten Haus hat. Im Zentrallager wird das noch ganz gut erfasst, aber was auf Stationen gebracht wird, wird oftmals als "verbraucht" verbucht. Dabei ist das Material ja noch länger vorhanden. Wenn es bei einem Produkt eine Rückrufaktion gibt, weiß niemand, wo sich Teile einer Charge befinden.