Im Interview mit MEDICA.de spricht Dr. Mania Brusca über Population Health Management. Sie erklärt, wie Interoperabilität und Datenaustausch sowohl Patienten als auch Versorgern helfen.
Frau Dr. Brusca, was ist Population Health Management?
Dr. Mania Brusca: Population Health Management bezeichnet die Nutzung von Patientendaten über die gesamte Bevölkerung hinweg, um daraus Maßnahmen für die Verbesserung von klinischen und auch finanziellen Ergebnissen ableiten zu können. Seine Basis sind Daten, die von Ärzten, im Krankenhausumfeld oder durch Patienten selbst im häuslichen Umfeld gewonnen werden. Bei uns in Deutschland ist der Begriff noch nicht so weit verbreitet, man kennt ihn eher aus den USA. In Deutschland haben wir im Gesundheitssystem vor allem Datensilos, wobei das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) jetzt eine intersektorale Vernetzung fördert. Aber da haben wir noch einen weiten Weg vor uns.
Was für Einzelmaßnahmen gehören dazu?
Brusca: Die Daten müssen in einem Pool gebündelt werden. Bei Philips passiert das über eine Interoperabilitätsplattform, die alle an der Versorgung Beteiligten, beispielsweise niedergelassene Ärzte oder Krankenhäuser, vernetzt. Patienten können auch selbst Daten beisteuern, etwa über Apps und Wearables oder Patient Reported Outcome Measurements.
So lässt sich eine Über- oder Unterversorgung von Patienten vermeiden: Ärzte können an diesen Daten erkennen, welchen Patienten sie im Moment vielleicht zu häufig sehen und welchen sie häufiger sehen müssten, sei es telemedizinisch oder persönlich. Das ist beispielsweise in den Niederlanden im niedergelassenen Bereich der Fall.
Was müsste sich im deutschen Gesundheitssystem ändern?
Brusca: Wir müssen zunächst die intersektorale Vernetzung verbessern, damit wir überhaupt die Datenbasis für einen Patienten erstellen können.
Der nächste Schritt wäre sicherlich, im Gesundheitssystem Anreize zu etablieren, sodass die Vergütung für eine Maßnahme nicht aktionsbasiert, sondern ergebnisorientiert stattfindet, mit Patient Recorded Outcome Measurements als Basis. Eine solche qualitätsorientierte Vergütung hat sich aber im Markt noch nicht durchgesetzt.
Welche Möglichkeiten wird das KHZG hier bringen?
Brusca: Alle förderfähigen Digitalisierungsmaßnahmen müssen Standards für den interoperablen Datenaustausch entsprechen. Auf deren Basis können wiederum Plattformen für den Datenaustausch entstehen. Die einzelnen Förderbestandteile – das können beispielsweise die Nutzung von Cloud Computing oder die Implementierung eines Patientenportals sein – ermöglichen Krankenhäusern auch eine agilere Organisation. So lassen sich innovative Behandlungsmethoden oder die bessere Einbindung von Patienten in den Prozess schaffen.