Es gibt klare wissenschaftliche Belege, dass körperliche Aktivität zur Vorbeugung verschiedenen Krebsarten und in der Therapie bei Krebskranken vorteilhaft ist. Eine zentrale Aufgabe der Sportmedizin ist daher die Entwicklung und Erforschung von leicht zugänglichen und wirksamen Bewegungsprogrammen für die Prävention und Rehabilitation. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Sportmedizin und Prävention der Universität Leipzig, der Universitätsmedizin Leipzig, der Universitätsmedizin Dresden und der Medizinischen Hochschule Hannover haben in einem aktuellen Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Martin Busse die Effekte eines heimbasierten Online-Trainings bei Krebs-Patientinnen und -Patienten nach einer Operation analysiert. Es führte zu einer Steigerung der Sauerstoffaufnahme, der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit sowie einer Verringerung der Belastung des Herzmuskels bei körperlicher Aktivität.
"Die von uns durchgeführte Studie belegt, dass Online-Trainingsprogramme eine Möglichkeit darstellen, um dem Funktionsverlust des Körpers bei Krebsüberlebenden entgegenzuwirken. Das häusliche körperliche Training samt digitalen Feedbackinformationen zur täglichen körperlichen Aktivität könnten wirksame Komponenten nach einer Operation sein und bieten die Möglichkeit einer flächendeckenden Einführung in die Krebsversorgung", sagt Dr. Roberto Falz, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Institut für Sportmedizin und Prävention.
148 Patientinnen und Patienten mit Brust-, Prostata- oder Darmkrebs nahmen nach erfolgter Operation an der Studie teil. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip einer Interventionsgruppe, die im heimischen Umfeld mehrmals pro Woche ein Kraftausdauertraining mit Videopräsentationen durchführte, und einer Kontrollgruppe zugeteilt. Alle Patientinnen und Patienten erhielten während des gesamten sechsmonatigen Interventionszeitraums ein digitales Feedback ihres täglichen Aktivitätsverhaltens, das mit einer Smart-Watch erfasst und in die Online-Applikation übertragen wurde. Die Feedbackinformationen wurden in der App übersichtlich präsentiert. Der wichtigste Messparameter war die Veränderung der Sauerstoffaufnahme nach einem halben Jahr, die in mehreren Belastungsuntersuchungen bestimmt wurde. Zu den weiteren Messparametern gehörten Veränderungen der Körperzusammensetzung, der Lebensqualität und des Aktivitätsverhaltens.
Im Studienverlauf traten keine unerwünschten Ereignisse mit kausalem Zusammenhang zu dem Training auf. Bei der Veränderung der Körperzusammensetzung stellten die Forschenden bei den Teilnehmenden tendenziell eine Reduzierung der Fettmasse und eine Erhöhung der Muskelmasse fest. Die Akzeptanz der Online-Trainingsintervention war hoch. Etwa 75 Prozent der Nutzenden trainierte mindestens 1,5-mal pro Woche. Darüber hinaus scheint digitales Aktivitätsfeedback zu einem aktiveren Lebensstil beizutragen, da auch die Kontrollgruppe eine vergleichbare tägliche Aktivität aufwies.
Die Autorinnen und Autoren der Studie resümieren, dass die SARS-CoV-2-Pandemie, die mit der Absage von Operationen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens einherging, die Rekrutierung von Probandinnen und Probanden wesentlich erschwerte und dadurch eine Analyse von Untergruppen nicht stattfinden konnte. Allerdings zeigte sich, dass ein online-basiertes Heimtraining auch unter Pandemie-Bedingungen durchführbar war. Dieser Vorteil hat zum Erfolg der Studie, die vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gefördert wurde, beigetragen. "Die Einführung eines flächendeckenden häuslichen Trainings und eines Aktivitätsfeedbacks als ergänzender Bestandteile der Krebsbehandlung sowie Studien zur Untersuchung der langfristigen Auswirkungen sind jedoch noch erforderlich", erklärt Dr. René Thieme, Laborleiter in der Viszeralchirurgie der Leipziger Universitätsmedizin.
MEDICA.de; Quelle: Universität Leipzig