Interview mit Hans Fredrik Vestneshagen, Relations Manager, No Isolation, Oslo
18.12.2019
Ein Kind, das über einen längeren Zeitraum der Schule fernbleiben muss? Eine ältere Person, die alleine zuhause oder im Pflegeheim sitzt? Soziale Isolation darf in keinem Alter vorkommen, findet das norwegische Start-Up No Isolation, und geht mit Technik gegen die Einsamkeit vor.
Hans Fredrik Vestneshagen, Relations manager, No Isolation
Herr Vestneshagen, was wollen Sie mit No Isolation erreichen?
Fredrik Vestneshagen: Wir von No Isolation wünschen uns, dass niemand in unfreiwilliger Einsamkeit oder sozialer Isolation leben muss. Das ist unsere Mission. Technologie kann uns helfen, dieses Ziel zu erreichen.
Sie haben den Roboter AV1 entwickelt. Was kann er und was macht ihn aus?
Vestneshagen: Vor vier Jahren haben wir mit der Entwicklung von AV1 begonnen. Im Vorfeld hatten wir mit krebskranken Kindern gesprochen und festgestellt, dass viele von ihnen gar nicht primär über ihre physischen Probleme und Einschränkungen, sondern über ihre soziale Abschottung aufgrund der Krankheit gesprochen haben. Darauf haben wir mit der Entwicklung von AV1 reagiert.
Eigentlich ist AV1 gar kein wirklicher Roboter, sondern vielmehr ein Avatar. Er verfügt beispielsweise über keine Künstliche Intelligenz. Es handelt sich um eine Webkamera mit ein paar Extra-Features.
Wo und wie wird der AV1 eingesetzt?
Vestneshagen: Heute wird der AV1 für rund 1000 Kinder eingesetzt. Die Gründe für den Einsatz sind vielfältig. Da wir sehr wenig Daten aufnehmen und speichern, können wir nicht genau sagen, wie viele Kinder unseren Roboter benutzen, wie alt sie sind oder welche Krankheiten sie haben. Wir wissen aber, dass eine große Anzahl von ihnen krebskrank ist. Sie verbringen lange Zeit isoliert im Krankenhaus. Andere von ihnen haben MS oder aber sie haben sich das Bein gebrochen und können sechs Wochen nicht in die Schule.
Der AV1 wird in der Schule eingesetzt. Er sitzt auf der Schulbank, an dem Ort, an dem eigentlich das Kind sitzen würde. Manche benutzen ihn 10 Minuten, andere bis zu sechs Stunden am Tag. Das ist ganz unterschiedlich.
Der AV1 ermöglicht es Kindern, die aufgrund von einer Erkrankung körperlich der Schule fernbleiben müssen, dennoch am Unterricht teilzunehmen.
Ein weiteres Produkt von Ihnen ist KOMP. Für welche Zielgruppe wurde KOMP entwickelt?
Vestneshagen: KOMP ist gewissermaßen ein Nachfolger vom AV1. Schon von Beginn an wurden wir immer wieder gefragt, ob der AV1 auch eine Möglichkeit für ältere Personen sei, für die Großeltern oder die Eltern im Pflegeheim beispielsweise. Wir haben durch diese Anfragen gesehen, dass auch in dieser Altersgruppe eine Nachfrage besteht, mussten aber feststellen, dass der AV1 für die Anforderungen der älteren Generationen nicht gut geeignet ist. Man braucht für die Bedienung einfach ein gewisses technisches Know-How. Das fängt damit an, dass man ein Tablet braucht. Dann haben ältere Leute häufig ein Problem mit der Bedienung des Touchscreens.
Deshalb haben wir ein Produkt entwickelt, das einfach in der Bedienung ist und ganz ohne technische Hilfsmittel wie Tablet oder Smartphone auskommt.
Dieses Jahr haben Sie auf dem MEDICA ECON FORUM gesprochen. Wie wichtig ist für Sie als Start-Up die Teilnahme an einer Veranstaltung wie der MEDICA?
Vestneshagen: Für uns als Start-Up ist die Teilnahme ungemein wichtig. Wir sind bislang nur ein kleines Team mit insgesamt 24 Mitarbeitern, die in Oslo und London sitzen. Hier nach Deutschland zu kommen und unsere Vision mit einem internationalen Fachpublikum zu teilen, ist eine wunderbare Gelegenheit. Wir treffen hier aktuelle und mögliche Partner, vielleicht auch Eltern, die selbst kranke Kinder haben. Kurz: Es ist sehr wichtig für uns, hier zu sein.
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