Telemedizin: besser atmen mit Künstlicher Intelligenz (KI) für die Atemwege

Lungenentzündung, COPD oder Mukoviszidose - Menschen mit solchen Lungenerkrankungen müssen regelmäßig einen Arzt aufsuchen. Auch kleine Kinder müssen sich bestimmten ärztlichen Tests unterziehen. Um ständige Arztbesuche zu vermeiden, bietet die Telemedizin zahlreiche Möglichkeiten, Untersuchungen zu Hause durchzuführen.

Im MEDICA-tradefair.com Interview erklärt Wojciech Radomski den Nutzen und die Funktionsweise des StethoMe Stethoskops und berichtet über die Erfolge, die seine Firma damit bereits erzielen konnte. Außerdem verrät er uns, was StethoMe für den Besuch im MEDICA START-UP PARK plant.

StethoMe ist das erste medizinische Diagnosegerät seiner Art. Welche Messungen kann es durchführen?

Wojciech Radomski: Das intelligente elektronische StethoMe Stethoskop ist ein präzises medizinisches Gerät für das Abhören (Auskultation) der Atem- und Nebengeräusche und des Herzsystems. Dazu gehört auch die Messung der Atem- und Herzfrequenz.

Für welchen Zweck wurde StethoMe entwickelt?

Radomski: Wir haben das Gerät entwickelt, um die mangelnde Verfügbarkeit von Auskultationen aus der Ferne zu erhöhen. Die Telemedizin kann keine pathologischen Atemgeräusche erkennen, die beispielsweise bei Infektionen der Lunge, Bronchitis und Lungenentzündung auftreten. Sie kann auch nicht chronische Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma, Mukoviszidose und COPD überwachen. Außerdem gibt es kein objektives Verfahren, um den Lungenzustand zuhause zu prüfen. Medizinische Befunde sind sehr subjektiv. Deswegen möchten wir sowohl Patienten als auch Fachkräfte im Bereich der Telemedizin entscheidend unterstützen.

Wer kann mit dem intelligenten Stethoskop Untersuchungen durchführen?

Radomski: Die Untersuchung von Patienten kann von Erwachsenen und medizinischen Fachkräften wie beispielsweise Ärzten, Krankenschwestern und Rettungssanitätern in bestimmten Fällen durchgeführt werden.

Die Ergebnisse werden außerdem an das audiovisuelle Dashboard des Arztes übertragen. Dieses Dashboard ermöglicht eine erweiterte Analyse der Geräusche und Aufzeichnungen dank der KI-Unterstützung. Zudem kann die KI-Funktion im StethoMe auch als effiziente Herz-Screening Lösung eingesetzt werden. KI-Algorithmen erkennen Herzgeräusche, die sich im Laufe einer Krankheit verändern, wie zum Beispiel Aortenklappenstenose, Mitralklappeninsuffizienz und Mitralinsuffizienz.

Das Gerät wurde in der EU als Medizinprodukt der Riskoklasse IIa (CE 2274) klassifiziert und zertifiziert. Die KI-Algorithmen erhielten die gleiche Zertifizierungsklasse im Rahmen der pädiatrischen Lungenauskultation. Die Zertifizierung von KI-Algorithmen im medizinischen Kontext ist die weltweit erste Zertifizierung dieser Art. Aktuell arbeitet StethoMe daran, weitere Zertifizierungen im medizinischen Kontext von KI-Algorithmen bezüglich der Atemwege bei Erwachsenen und KI-Algorithmen zur Erkundung von Herzerkrankungen zu erhalten.

In welchen Fällen sollte das intelligente Stethoskop anstelle eines Arztbesuchs eingesetzt werden?

Radomski: StethoMe kann den regelmäßigen Arztbesuch nicht ersetzen. Es soll eine effiziente und präzisere Diagnose und einen schnelleren Zugang zu einem Arzt möglich machen, wodurch Patienten auch schneller einen Arzttermin bekommen könnten. StethoMe ermöglicht auch die Überwachung chronischer Krankheiten und der Wirkung von Medikamenten.

Welche Erfolge konnten Sie bereits mit StethoMe erzielen?

Radomski: Das Gerät und die Algorithmen wurden in der EU als Medizinprodukt der Risikoklasse IIa zertifiziert. Bisher hat StethoMe an zahlreichen Pilotprojekten und Integrationen in ganz Europa teilgenommen - unter anderem in Frankreich, Deutschland und Italien sowie in den USA.

Informationen zu StethoMe KI-Algorithmen finden Sie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen, zum Beispiel "Practical Implementation of artificial intelligence algorithms in pulmonary auscultation examination" (Algorithmen im praktischen Einsatz bei der Lungenauskultation) im European Journal of Pediatrics oder, "The accuracy of lung auscultation in the practice of physicians and medical students" (Genauigkeit der Lungenauskultation im Praxisalltag von Ärzten und Medizinstudenten) in Plos One sowie ,"Respiratory system auscultation using machine learning – a big step towards objectivisation?" (Auskultation der Atemwege mittels maschinellem Lernen - ein Riesenschritt zur Objektivierung?) im ERS - European Respiratory Society Journal dieses Jahres.

Warum präsentieren Sie StethoMe im MEDICA START-UP PARK 2019?

Radomski: Wir möchten das Stethoskop vorstellen und zeigen, wie es zusammen mit KI-Algorithmen für Kinder und dem audiovisuellen Dashboard eines Arztes funktioniert. Außerdem möchten wir über aktuelle Projekte wie KI-Algorithmen bezüglich der Atemwege bei Erwachsenen und KI-Algorithmen zur Erkundung von Herzerkrankungen berichten. Der MEDICA START-UP PARK bietet uns auch die Möglichkeit, potenzielle Kooperationen einzugehen. Wir suchen aktiv nach Integrationen mit B2B und B2C-Partnern wie beispielsweise Unternehmen in der Telemedizin-Branche, Versicherern sowie medizinischen Anbietern.