Wie ist die Studie abgelaufen?
Wachter: Zum Hintergrund der Studie: Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmus-Störung des Menschen. Wir wissen, dass Patienten mit Vorhofflimmern ein ungefähr drei- bis fünfmal höheres Risiko für Schlaganfälle haben. Häufig sieht man Patienten, die mit einem Schlaganfall eingeliefert werden und erst dann wird festgestellt, dass sie auch ein Vorhofflimmern haben, von dem aber niemand wusste. Hätte man vorher davon gewusst, hätte man den Patienten mit blutverdünnenden Medikamenten behandeln und vielleicht den Schlaganfall verhindern können.
Daraus ist die Idee erwachsen, dass es ab einem bestimmten Alter sinnvoll sein könnte, ein Vorsorge-Screening auf Vorhofflimmern zu machen, denn Vorhofflimmern betrifft vor allem ältere Menschen. Der erste Schritt einer solchen Vorsorgeuntersuchung wäre, festzustellen, wie viel Vorhofflimmern man bei Patienten mit bestimmten Risikofaktoren findet. Das haben wir in dieser Studie gemacht: In einer randomisierten Studie haben wir 856 Teilnehmer, die mindestens 75 Jahre alt sind und Bluthochdruck haben, in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe hat das Herzrhythmuspflaster erhalten, die Teilnehmer der zweiten Gruppe wurden mit der Standardbehandlung betreut – das bedeutet für die Patienten die normale Betreuung durch den Hausarzt. Der fragt zwar nach dem Befinden, misst gelegentlich den Blutdruck, fühlt den Puls und macht gegebenenfalls ein EKG, aber darüber hinaus passiert im Regelfall kein weiteres Rhythmusmonitoring.
Dann haben wir geprüft, ob das Pflaster Rhythmusstörungen feststellt: Das Pflaster wurde für zwei Wochen getragen, nach drei Monaten wurde das noch einmal wiederholt. In der Standardbehandlungsgruppe haben wir zwei Patienten mit Vorhofflimmern gefunden, das entspricht ungefähr 0,5 Prozent. In der anderen Gruppe haben wir bei 23 Personen ein Vorhofflimmern festgestellt, das ist fast zehnmal mehr. Würde man dieses Verfahren also im Alltag anwenden, würde man bei jedem 21. ein Vorhofflimmern finden.
Was bedeutet das Pflaster und die Forschungsergebnisse für zukünftige Forschungen zum Thema Herzgesundheit?
Wachter: Momentan ist es in Deutschland so: Im Bereich kardiovaskulärer Screening-Untersuchungen machen wir eigentlich keine Vorsorgeuntersuchungen in einem größeren Rahmen. Daher finde ich den Ansatz unserer Studie, nach einem Vorhofflimmern zu suchen, bevor es zum Schlaganfall führt, sehr sinnvoll. Diese Studie zeigt zunächst, dass man in dieser bestimmten Studiengruppe immerhin bei jedem 21. ein Vorhofflimmern findet.
Was in zukünftigen Studien herausgefunden werden muss: Wenn man diese Patienten behandelt, verhindert man auch wirklich die Schlaganfälle? Und wie ist die Nutzen-Risiko-Abwägung – wie viele von den Patienten bekommen eventuell bei einer blutverdünnenden Therapie Blutungen? Das sind offene Fragen, die nachfolgende Studien klären müssen. Die müssen dann auch deutlich größer sein, mit fünf- bis sechsstelligen Teilnehmerzahlen. Und wahrscheinlich muss man auch mehrere Studien gemeinsam analysieren, um diese Fragen beantworten zu können.
Unsere Studie zeigt zunächst einmal, dass die Strategie der Früherkennung funktioniert und auch keine Nebenwirkungen hat, denn das Pflaster wurde von allen gut vertragen. Und wir konnten feststellen, dass es viel Vorhofflimmern gibt. Im nächsten Schritt versuchen wir herauszufinden, ob man mit bestimmten Bluttests besser vorhersagen kann, ob ein Patient wahrscheinlich ein Vorhofflimmern hat – an diesen Analysen arbeiten wird gerade.