Mit einer personalisierten und kostenintelligenten Behandlung eröffnet das digitale Patientenmodell neue Möglichkeiten für die Gesundheitswirtschaft. In unterschiedlichsten Systemen vorhandene Patientendaten werden dadurch zu einem digitalen Abbild zusammengeführt. "Es bringt Vorteile sowohl für die konkrete Behandlung individueller Patientinnen und Patienten als auch für den Einsatz gesamtgesellschaftlicher Gesundheitsausgaben mit sich", sagt Dr. Stefan Wesarg, Head of Competence Center Visual Healthcare Technologies am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD und Koordinator von MED²ICIN. "Eine datenschutzkonforme Zusammenführung individueller Gesundheits- und Krankheitsdaten und deren intelligente Analyse lässt eine vollkommen neuartige Lösung für eine effektivere Prävention, Diagnostik, Therapie und Versorgung entstehen."
Eine wirksame Begrenzung der Gesundheitsausgaben, wie z.B. die Vermeidung von teuren Mehrfacherhebungen von MRT-Aufnahmen oder die Minimierung des manuellen Aufwands bei der Auswertung von Bilddaten, berücksichtigt die größten volkswirtschaftlichen Herausforderungen im Gesundheitsbereich, denen wir zurzeit ins Auge sehen: die steigenden Kosten im Gesundheitsbereich und den enormen Fachkräftemangel mit einhergehendem Versorgungsengpass.
Gemeinsam mit sechs weiteren Fraunhofer-Instituten entwickelten Wesarg und sein Team den digitalen Zwilling. Während ein interaktives Dashboard die Informationen und Empfehlungen übersichtlich zusammenfasst, bieten diverse Module einen detaillierteren Einblick. Hier können Medizinerinnen und Mediziner auf KI-basierte Analysen, beispielsweise medizinischer Fachpublikationen, zugreifen und die Leitlinien für die Behandlung sowie die entstehenden Kosten der Behandlungsoptionen einsehen. Im Kohortenmodul werden die individuellen Patienteninformationen in Bezug zu Daten ähnlicher Krankheitsverläufe gesetzt – so können Behandelnde identifizieren, in welchen Fällen welche Therapien optimal wirken. Über eine App können Patientinnen und Patienten selbst Lifestyle-Daten einbringen.
Eine Online-Umfrage unter knapp 50 Gastroenterologinnen und Gastroenterologen, die das webbasierte System in Krankenhäusern sowie Praxen getestet haben, zeigt: Das Patientenmodell erfüllt die gesetzten Ziele. Während 23 Prozent die Kostenersparnis loben, stellen 35 Prozent der Befragten die dank des Modells verkürzte Behandlungszeit heraus. Bislang wird das digitale Patientenmodell für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) eingesetzt, künftig auch für weitere Krankheitsbilder.
Dr. Irina Blumenstein, Oberärztin am Universitätsklinikum Frankfurt, war als CED-Expertin an der Entwicklung von Anfang an beteiligt. "Sowohl für Expertinnen und Experten als auch für weniger erfahrene Gastroenterologinnen und Gastroenterologen stellt das Tool eine ausgezeichnete Unterstützung für den Behandlungsalltag dar", sagt die Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Ernährungsmedizin.
MEDICA.de; Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft