Wearables: Intelligente Helferlein in der Sportmedizin
Wearables: Intelligente Helferlein in der Sportmedizin
01.09.2021
Von Pulsmessern, über Schrittzähler bis hin zu Schlafanalysen: Der Anwendungsbereich von tragbaren Technologien wird immer vielfältiger. Meist unmittelbar auf oder nah an der Haut getragen, erfassen und analysieren sie über spezialisierte Sensoren Informationen wie körperliche Signale oder Umgebungsdaten. Dadurch sind sie in der Lage dazu, dem Träger ein unmittelbares Biofeedback zu geben.
Auf dem Kundenmarkt findet sich eine immer größer werdende Anzahl von einfachen Wearables für die Anwendung zur Eigenkontrolle (Quantified Self) – Fitnesstracker gewinnen immer mehr an Beliebtheit. Dabei steigt der Bedarf nach speziellen Applikationen und spezialisierten Designs, wie zum Beispiel noch genaueren Messungen oder eine schlichtere Optik – besonders im Angesicht der zunehmenden Leistungsfähigkeit von mobilen Prozessoren und miniaturisierten Sensoren. Diese ermöglichen ein noch präziseres Ergebnis. Das ist zum Beispiel bei der Distanzmessung bei Sportarten wie Tennis oder Schwimmen von Vorteil.
Im Profisport kommen Wearables vor allem zur Messung von Energieverbrauch und Bewegungsmustern zum Einsatz. Hierfür stehen den Sportlern beispielsweise Beschleunigungsmesser, Schrittzähler und GPS zur Verfügung.
Bei der professionellen Nutzung gibt es zudem zahlreiche Informationssysteme für das Langzeit-Monitoring. Denn Wearables sind in der Lage, wertvolle Informationen für die Gesundheitsvorsorge und das allgemeine Wohlbefinden bereitzustellen. Dafür werden sie zur Erfassung biometrischer Daten wie Herzfrequenz (EKG und HRV), Gehirnströme (EEG) und Muskelbiosignale (EMG) eingesetzt.
Individuelle Vorhersage von Verletzungsrisiken
Vor allem bei Sportlern sind Wearables sehr beliebt. Sie unterstützen beim Verfolgen von individuellen Trainingszielen und liefern dabei nützliche Daten zu Gesundheit und Fitness.
Das Tracking von Bewegungsabläufen bietet sich vor allem im Bereich der Verletzungsprävention an. Hier können beispielsweise bei Läufern Verletzungen durch Überlastung frühzeitig erkannt werden. Sie zeigen sich durch Änderungen im Bewegungsablauf und können bei rechtzeitiger Reaktion vorgebeugt werden. An der Beobachtung solcher Veränderungen forschen Wissenschaftler im Institut für Bewegungswissenschaft an der Universität Hamburg im Rahmen des Projektes „Smart Injury Prevention“.
Im Interview mit MEDICA.de erklärt Dr. Lina Rahlf: „Der Inertialsensor, angebracht mithilfe eines Gurtes um die Hüfte des Läufers während des Trainings, misst fortlaufend biomechanische Laufparamater wie beispielsweise die Schrittfrequenz oder Bodenkontaktzeiten und erkennt das individuelle Laufmuster des Athleten.“ Dies ermögliche es, Abweichungen zu erkennen. Außerdem könnten die Sensoren die Winkelgeschwindigkeit und Beschleunigung von Bewegungen messen. „Anhand dieser Daten sollen die biomechanischen Parameter wie zum Beispiel Schrittfrequenz, Schrittlänge oder Bodenkontaktzeiten erkannt und abgeleitet werden“, erläutert Rahlf. Erkannte Muster könnten auf mögliche Verletzungsrisken hinweisen – und diese durch entsprechendes Handeln vermieden werden.
Die Vorteile der Gesundheits- und Fitnessdatengewinnung beschränken sich nicht nur auf präventive Maßnahmen. In Echtzeit erfasste Daten können dem Anwender auch unmittelbar einen Mehrwert liefern – etwa durch individuell zugeschnittene Funktionen, basierend auf künstlicher Intelligenz. Zwar ist ihr Einsatz in diesem Zusammenhang nicht frei von Kritik: Anwender fürchten um die Sicherheit ihrer gesammelten Daten. Doch ist der Handlungsspielraum für mögliche Funktionen intelligenter Wearables verlockend.
So trotzt BOSCH den Vorurteilen und hat den ersten selbstlernenden KI-Sensor für Wearables und Hearables (am Ohr getragen) entwickelt. Die intelligente Software ist direkt im Sensor integriert. Dieser erkennt unterschiedliche und wiederholte Bewegungen und reagiert unmittelbar darauf. Anwender können ihren Geräten so personalisierte Fitnessaktivitäten beibringen – die Daten bleiben dabei lokal auf dem Gerät gespeichert und können von Dritten nicht eingesehen werden.
Kaustubh Gandhi von BOSCH Sensortec erklärt die Funktionsweise des KI-Sensors im Interview mit MEDICA.de: "Sobald der Nutzer mit einer Aktivität beginnt, verfolgt die selbstlernende KI-Funktion im Sensor die während der Aktivität des Nutzers erfassten und erzeugten Daten und gleicht diese automatisch mit zuvor selbst erlernten Mustern ab, um die Art der Aktivität zu identifizieren, ohne dass manuelle Anweisungen oder Eingriffe erforderlich sind". Weitere Vorteile des Sensors: Entwicklungszeit, -kosten und -komplexität sowie der Stromverbrauch werden deutlich reduziert
Fakt ist: Das Einsatzgebiet von Wearable Technologien weitet sich immer mehr aus. Dabei ist ihre Anwendung nicht nur für den Konsumenten interessant. Der gezielte Einsatz zur Verletzungsprävention oder Kontrolle von Gesundheit und Fitness aus medizinischer Perspektive stellt ein spannendes Forschungsfeld – auch in Hinblick auf die Zukunft – dar.
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