Im Interview mit MEDICA.de erklärt Dr. Kristina Lachmann die Entstehung von Atmosphärendruckplasmen, wie sie in der Desinfektion eingesetzt werden können und wie ein Roboter damit Reinigung und Desinfektion unterstützen kann – und das nicht nur im Krankenhaus, sondern in allen Bereichen, wo viele Menschen sind.
Frau Dr. Lachmann, was ist Atmosphärendruckplasma?
Dr. Kristina Lachmann: Beim Plasma spricht man vom vierten Aggregatszustand nach fest, flüssig und gasförmig. Plasmen kommen in der Natur vor als heiße Plasmen, etwa als Blitze, und als kalte Plasmen, etwa als Nordlichter. Atmosphärendruckplasmen sind kalte Plasmen. Sie entstehen, indem wir unter Atmosphärendruck an einem Gas eine hohe elektrische Spannung anlegen. Die Gasatome spalten sich dann in Ionen, Elektronen und Radikale auf. Das sind reaktive Spezies, die mit Oberflächen wechselwirken und eine desinfizierende Wirkung gegenüber Mikroorganismen entfalten.
Wie genau wirken Plasmen auf Pathogene?
Lachmann: Radikale brechen die Bindungen von organischen Molekülen auf. Gleichzeitig leuchten Plasmen, weil die angeregten Elektronen auf einen niedrigeren Energiezustand zurückfallen und dabei Energie abgeben. Dadurch entsteht UV-Strahlung, je nach Art des verwendeten Gases, die Zellen schädigt oder ihre DNA zerstört.
An ihrem Institut haben Sie ein Plasmasystem für die Desinfektion von Oberflächen entwickelt. Wie soll es eingesetzt werden?
Lachmann: Wir haben es als ein Wechselwerkzeug konzipiert, das – zusammen mit anderen Reinigungsmethoden – von einem mobilen Desinfektionsroboter geführt werden kann. Dieser könnte zum Beispiel komplexe Bauteile wie Türgriffe oder einfachere Kontaktflächen wie Lichtschalter oder Bedienflächen im Fahrstuhl desinfizieren. Auch feuchtigkeitsempfindliche und poröse Textilien sind Materialien, die mit dem Plasma quasi trocken gereinigt und desinfiziert werden können. Die Idee ist, den Roboter dann autark mit den verschiedenen Werkzeugen arbeiten zu lassen, sodass er auch Teil von standardisierten Reinigungsprozessen sein kann.
Die Desinfektion mit Plasma kann immer nur der letzte Schritt der Reinigung sein. Es ist ein zusätzliches Werkzeug, grobe Verschmutzungen müssen zuerst entfernt werden. Oberflächen ohne optisch sichtbare Verschmutzung können aber so desinfiziert werden.