Haben Sie im Zuge Ihrer Recherche bestehende Maßnahmen oder Initiativen identifizieren können, die die Senkung des Rohstoffverbrauchs zum Ziel haben?
Hempel: Es fehlt derzeit an einer klugen Gesamtstrategie, auch wenn es bereits einige wirklich ehrbare Initiativen gibt. Darunter ist zum Beispiel KLIK green, ein Gemeinschaftsprojekt des BUND e.V., der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und des Universitätsklinikums Jena zu Klimaschutz- und Ressourcensparmaßnahmen im Krankenhaus. Ein anderes Vorhaben gibt es seitens der Viamedica-Stiftung, die gesunde Medizin und gesunde Umwelt zusammenführen möchte, sowie die NGO Health Care Without Harm.
Wenn Sie auf andere Länder blicken, könnte sich das deutsche Gesundheitswesen international irgendwo ein Vorbild nehmen?
Hempel: Es gibt nur sehr wenige vergleichende Studien. Die Gesundheitssysteme sind außerdem international sehr unterschiedlich und deshalb nur schwer vergleichbar. Wir haben eine Studie gefunden, die Schweden, Österreich, die USA, Japan und Deutschland vergleicht. Deren vorsichtiges Fazit – wenn man alle Einschränkungen berücksichtigt – ist: Deutschland liegt beim Ressourcenverbrauch im Mittelfeld, aber unser Verbrauch wächst schneller als in den verglichenen Ländern.
Österreich und Schweden haben es geschafft, ihren Ressourcenverbrauch trotz Fortschritten in der medizinischen Versorgung weitgehend konstant zu halten.
Wie sähe eine ideale Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen aus?
Hempel: Notwendig ist eine Abkehr vom Muster "take-make-waste" in einer rein linearen Wirtschaft, die Produkte herstellt, benutzt und entsorgt. Zum Standard muss stattdessen das Modell "reduce-reuse-recycle" werden: Der Verbrauch von Ressourcen wird dadurch minimiert, dass wir sie häufiger verwenden und wiederverwerten.
Andere Branchen zeigen das zum Beispiel durch Nutzungsverlängerung und Wiedernutzung nach Reparatur, ebenso wie mithilfe von Sharing-Modellen oder natürlich von vornherein durch Vermeidung. Ein solcher Wechsel funktioniert aber nur, wenn auch soziale Aspekte berücksichtigt werden, also das Lebens- und Arbeitsumfeld. Allerdings wird es nur mit Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen der Beschäftigten gelingen, ein solches Umdenken in der Praxis zu etablieren.
Die Antragsfrist für CirculAid ist der 15. Mai. Wie wird es danach weitergehen?
Hempel: Die besten Projektideen werden von der DBU-Geschäftsstelle mit externen Gutachterinnen und Gutachtern ausgewählt. Die ersten Projekte sollen ab Ende 2023 gefördert werden. Eine Entscheidung im November oder Dezember ist also realistisch.
Wie genau sollen die geförderten Anträge unterstützt werden?
Hempel: Die üblichen Förderbedingungen der DBU umfassen Laufzeiten von bis zu drei Jahren. Vorhaben können in Höhe von 100.000 bis 400.000 Euro für alle Projektpartner über die gesamte Laufzeit gefördert werden. Hochschulen werden in der Regel zu 100 Prozent auf Ausgabenbasis gefördert, mittelständische Unternehmen zu 50 Prozent auf Kostenbasis. Dazu zählen auch Sachkosten, Aufträge an Dritte und Investitionen im gewissen Rahmen.
Zudem bieten wir oft Unterstützung in der Öffentlichkeitsarbeit an. Manchmal besuchen wir auch gemeinsam Messen und organisieren einen Gemeinschaftsstand. Das kann ein guter Ausgangspunkt für kleine und mittelständische Unternehmen sein und wäre zum Beispiel auch auf der MEDICA denkbar.