Wie ließe sich der Einsatz von Schnelltests steigern?
Matthes: Für eine gute medizinische Versorgung ist es wichtig, dass Schnelltests, wie andere diagnostische oder therapeutische Verfahren auch, zielgerichtet in der richtigen klinischen Situation angewendet und interpretiert werden. Ziel ist somit, dass wir Bedingungen schaffen, die diesen evidenzbasierten Einsatz von Schnelltests fördern. Hier ist es wichtig, dass wir wissenschaftlich Erkenntnisse generieren, die für die Hausarztpraxis relevant sind. Wenn diese Erkenntnisse gut kommuniziert werden und in medizinischen Leitlinien sowie in die Aus- und Fortbildung eingearbeitet werden, fördert dies den korrekten Einsatz von Schnelltests. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Schnelltests entwickelt werden, die den Anforderungen und Bedarfen in Hausarztpraxen entsprechen, mit einfacher Handhabung, aber auch ausreichender Genauigkeit, sodass Ärzte- und Patientenschaft den Ergebnissen vertrauen können. Auch die Kosten müssen in Relation zum klinischen Nutzen stehen.
Welche „Hausaufgaben" müssen Krankenkassen, kassenärztliche Vereinigungen, Entwickler und auch das ärztliche Fachpersonal dafür noch erledigen?
Matthes: In den vergangenen Jahren wurden für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wenig neue Abrechnungsmöglichkeiten neuer Schnelltests geschaffen oder bestehende Vergütungen angepasst. Deshalb wäre es sinnvoll, dass sich die Beteiligten, also Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen darüber austauschen. Bei der Entscheidung über die Vergütung sollte der Nutzen der Schnelltests berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sollten wissenschaftliche Projekte zur Untersuchung des potenziellen Nutzens verstärkt gefördert werden. Neben Förderprogrammen seitens der Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen sehen wir hier auch das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Pflicht.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich die Hausärzteschaft mit neuen Schnelltestlösungen und deren Nutzen für die Patientenversorgung auseinandersetzt. Dazu müssen klinische Leitlinien zu Schnelltests in der Arztpraxis erstellt werden, die evidenzbasierte Empfehlungen für den Einsatz der Tests geben. Außerdem sollte der Einsatz von diagnostischen Tests schon im Medizinstudium und in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung verankert werden.
Seitens der Firmen und Entwickelnden ist es notwendig, die Anwendenden frühzeitig einzubinden und die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung zu kennen, um Anforderungen aus der Praxis bei der Schnelltestentwicklung einfließen zu lassen.