Ihr Laborroboter Kevin soll das ändern. Wie macht er das?
Brode: Die Idee hinter Kevin ist, Prozesse zu automatisieren, ohne die bestehende Infrastruktur kostspielig ändern zu müssen. In anderen Industrien gibt es hierfür spannende Beispiele. Ein weiterer Aspekt ist die bessere Auslastung der mitunter teuren Geräte. So können diese dank Kevins Mitarbeit auch nachts genutzt werden. Kevin nutzt einen kollaborativen Roboterarm der Firma Precise Automation, den wir auf einer von Fraunhofer entwickelten mobilen Plattform befestigt haben. Außerdem ist er mit einer Kamera, einem Bildverarbeitungsprogramm und einem Lernalgorithmus ausgestattet. Im Prinzip ist er ein Transportroboter, der zum Beispiel Proben von Gerät A zu Gerät B bringt. So kann er die unterschiedlichen Geräte im Labor miteinander vernetzen und einen Automationsprozess umsetzen, der in einer starren Anlage nicht möglich ist.
Welchen Mehrwert bietet Kevin – gerade auch in der aktuellen Zeit?
Brode: Wenn ein Mitarbeiter tagsüber einen Prozess begonnen und die Zellen abends in den Inkubator gebracht hat, kann es sein, dass nachts ein Medienwechsel gemacht oder eine Probe gezogen werden muss. Dank Kevin muss der Mitarbeiter nachts nicht selbst im Labor sein. Der Roboter kann autonom zum Inkubator fahren, die Zellkulturplatte entnehmen und sie zum Pipettierer bringen, wo ein Medienwechsel gemacht wird. Oder es wird eine Probe gezogen, die in ein Analysegerät gegeben wird. Danach bringt Kevin die Zellen wieder in den Inkubator.
Oft sind Mitarbeiter morgens mit Vorbereitungsschritten beschäftigt, die sie viel Zeit kosten. Dabei geht es um eher repetitive Arbeiten wie das Beschriften von Röhrchen oder die Vorbereitung der Proben. Solche Aufgaben kann Kevin gut in der Nacht übernehmen. Die vorbereiteten Fläschchen stehen also schon bereit, wenn die Mitarbeiter morgens ins Labor kommen, sodass sie direkt mit der wertschöpfenden Arbeit, also beispielsweise den Testungen, beginnen können. Das ist während der Corona-Pandemie natürlich umso sinnvoller. Die Einsatzzeiten des Laborequipments können dank Kevin auf die Nacht ausgeweitet werden, womit der Durchsatz der PCR-Tests erhöht und vielleicht Engpässe vermieden werden können – ohne, dass dadurch Mitarbeiter eine Nachtschicht einlegen müssen.