Was sind Vorteile des Bluttests gegenüber der Entnahme einer Gewebeprobe?
Zoche: Generell ist die Analyse einer Gewebeprobe nach wie vor der Goldstandard für die Tumordiagnostik. Damit können histologische Befunde eingeholt werden, die mit einem Bluttest nicht möglich sind. Die Tumor-DNA aus der Liquid Biopsy hat jedoch den Vorteil, dass Mutationen aus verschiedenen Metastasen gleichzeitig identifizieren können. Bei einer Gewebebiopsie wird typischerweise nur eine Metastase punktiert, um daraus dann das Tumorprofil zu bestimmen. Unterschiedliche Metastasen können allerdings unterschiedliche Tumorprofile haben.
Ein weiterer Vorteil ist, dass für die Patientinnen und Patienten, bei denen wir aus gesundheitlichen Gründen gar keine Gewebebiopsie mehr durchführen können, der Bluttest eine sehr gute Alternative für das Tumorprofiling bietet. Für eine Liquid Biopsy werden nur wenige Milliliter Blut benötigt. Allerdings können wir aus dem Blut bestimmte Veränderungen der DNA, genomische Amplifikationen und Fusionen, nicht so gut analysieren, wie aus einer Gewebebiopsie.
Wo sehen Sie noch Potenziale in der Weiterentwicklung der Molekularpathologie?
Zoche: Nach wie vor wird nicht bei allen Krebspatientinnen und -patienten ein umfassendes molekulares Tumorprofiling durchgeführt. Das sollte heute jedoch Teil der Standarddiagnostik sein. Auch im Bereich des Monitorings von Tumoren müssen noch günstige Tests etabliert werden. Hier arbeiten wir mit Diagnostikfirmen zusammen, um solche Tests bald für Betroffene zur Verfügung zu stellen. In der Früherkennung von Krebs gibt es bereits Ansätze, beispielsweise von Firmen in den USA, das Blut von gesunden Menschen auf mögliche Tumor-DNA testen. Allerdings ist hier noch sehr viel Entwicklungsarbeit notwendig, da die Vorhersage, ob jemand Krebs hat oder nicht, bei weitem noch nicht genau genug ist. Ziel beim Tumorprofiling ist es, so umfassend wie möglich zu sequenzieren, um das komplette Tumorgenom der Betroffenen untersuchen zu können. Nur so kann das krebsbehandelnde ärztliche Personal alle möglichen personalisierten Therapieoptionen mit dem Betroffenen besprechen und durchführen.