Umweltmedizin und Pandemieprävention/-bewältigung – wie passt das zusammen?
Traidl-Hoffmann: Es hat sich gezeigt, dass die Covid-19-Infektionsraten gerade in den Regionen hoch ausfielen, wo auch eine hohe Umweltbelastung vorlag. Diese Korrelation zwischen Schadstoffen in der Luft und schweren Verläufen zeigt, wie wichtig es ist, Umweltmedizin und Pandemieprävention und -bewältigung zusammen zu betrachten. Im Rahmen von Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass Schadstoffe die Schleimhäute empfänglicher für vieles machen. Dazu gehören auch viele Arten von Pollen. Eine kontinentübergreifende Studie hat gezeigt, dass Pollen tatsächlich mit einem exponentiellen Anstieg von Covid-19-Infektionen verbunden sind, da sie unser Immunsystem lokal blockieren und die Menschen empfänglicher für Covid-19 machen. Das zeigt, dass der Faktor Umwelt eine große Rolle bei Virusinfektionen und deren Verlauf spielt. Viele bringen jedoch diese Faktoren nicht zusammen oder halten es für nicht so wichtig. Aber der Faktor Umwelt sollte bei allen klinischen Studien eigentlich mit in die Gleichung genommen werden.
Im März 2023 wurde das neue Labor mit Biosicherheitsstufe 3 am Helmholtz Zentrum München eröffnet. Warum sind solche Forschungsstandorte und entsprechende Förderungen so wichtig für die Pandemiebewältigung und -prävention?
Traidl-Hoffmann: Der Bau des neuen S3-Labors am Helmholtz Zentrum München war Teil des PerForM-REACT-Projektes, in dem wir knapp 18 Millionen Euro an Förderungen für Infrastruktur erhalten haben, mit dem Ziel, uns gegen die nächste Pandemie zu wappnen. Im Rahmen dieser Förderung haben wir unterschiedliche Module etabliert – eines davon das S3-Labor. In Augsburg haben wir ein Labor, in dem wir Viruspartikel in der Luft nachweisen und erforschen können. Hier führen wir bereits Untersuchungen zum Thema Klimawandel und Gesundheit durch und können so beim nächsten Mal proaktiver handeln. Genau aus diesem Grund sind diese Infrastrukturförderungen wichtig, um vom reinen Reagieren zu einem Agieren zu kommen und besser vorbereitet zu sein.
Wie können die Forschungsinfrastrukturen noch weiter verbessert werden?
Traidl-Hoffmann: Eine Möglichkeit sind Hightech-Geräte. Diese müssen in den Laboren, wie sie jetzt gebaut werden, einfach auch zugänglich sein. Wichtig ist dabei vor allem die Wissenschaftskommunikation. Denn die Labore zu bauen, reicht nicht aus. Es muss auch kommuniziert werden, dass diese zur Verfügung stehen – sowohl für Kooperationspartnerinnen und -partner als auch für die Industrie. Außerdem sollten, wenn eine gewisse Fragestellung vorliegt, die entsprechenden Fördermöglichkeiten auch kurzfristig und unbürokratisch zur Verfügung stehen. Auch hier kann eine sinnvolle Vernetzung der großen Forschungsstrukturen hilfreich sein.
Was beinhaltet „Pandemic Preparedness“ für Sie?
Traidl-Hoffmann: Zum einen das, was wir technologisch mit beispielsweise den Laboren aufgestellt haben. Also dass wir methodisch so aufgestellt sind, dass Viren und Bakterien früh erkannt und aufgespürt werden können.
Zum anderen ist „Pandemic-Preparedness“ für mich auch die Prävention bei den Menschen. Denn schwere Verläufe treten eben häufiger auf bei Menschen mit Vorerkrankungen, Älteren und Schwächeren. Daher brauchen wir eine möglichst gesunde Bevölkerung und dieses Bewusstsein muss auch in den Köpfen verankert sein. Das hilft nicht nur bei der Pandemieprävention, sondern auch bei den durch den Klimawandel bedingten Gesundheitsfolgen.