Labordaten der Hersteller, auf denen die Zulassung basiert, bescheinigen den Tests eine hohe Zuverlässigkeit. Verglichen mit der Referenzmethode der COVID-19-Diagnostik, dem Nachweis der Erbsubstanz des Virus durch sogenannte PCR-Tests, soll ihre Sensitivität Werte von über 90 Prozent erreichen. "Sensitivität" gibt in diesem Fall an, bei welchem Prozentsatz erkrankter Patienten die Infektion durch die Anwendung des Tests tatsächlich erkannt wird, das heißt, ein positives Testresultat auftritt.
Forscher aus den Instituten für Hygiene und Mikrobiologie sowie Virologie und Immunbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) sowie mehrerer Kliniken des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) sind jetzt zu einem anderen Ergebnis gekommen. Demnach liegt die Sensitivität der Antigen-Schnelltests im klinischen Praxiseinsatz mit 42,6 Prozent signifikant unter den Herstellerangaben. Die Ergebnisse dieser Studie hat das Team in EBioMedicine.
Aus insgesamt 5.068 Untersuchungen stammen die Daten der Studie – bei den Teilnehmern wurden jeweils sowohl ein Antigen-Schnelltest als auch ein PCR-Test durchgeführt. Anschließend wurden die Ergebnisse miteinander verglichen. Während die Sensitivität der Schnelltests dabei deutlich schlechter als erwartet ausfiel, erreicht ein anderes Kriterium gute Werte: die Spezifität. Sie liegt mit 99,68 Prozent im Bereich der Herstellerangaben. Die Spezifität beziffert den Anteil der korrekt negativ getesteten Personen.
"Unsere Auswertung zeigt, dass SARS-CoV-2-Infizierte mit sehr hoher Viruslast – potenzielle 'Superspreader' – sehr zuverlässig mittels Antigen-Schnelltests als positiv erkannt werden. In SARS-CoV-2-Proben mit niedrigen Viruslasten hingegen werden Infektionen so gut wie nicht erkannt", fasst Studienleiter Dr. Manuel Krone die zentralen Ergebnisse der Studie zusammen. Krone ist Arbeitsgruppenleiter am Institut für Hygiene und Mikrobiologie und seit 1. Juni 2021 stellvertretender Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene des UKW.
Problematisch ist dies aus Sicht der Mediziner vor allem zu Beginn einer Infektion. "Dann liefern Antigen-Schnelltests möglicherweise erst später als ein PCR-Test die richtige Diagnose und können so den Betroffenen eine falsche Sicherheit geben", sagt Krone. Den Testanwendern sollte dies bewusst sein, so der Mediziner. Schließlich sei die Gefahr groß, dass sich Infizierte aufgrund eines negativen Testergebnisses nicht mehr an die Abstands- und Hygieneregeln halten und somit das Virus in ihrem Umfeld verbreiten. Weniger problematisch sei das "falsch-negative" Testergebnis am Ende einer Infektion, weil dann von den Infizierten kein hohes Ansteckungsrisiko mehr ausgeht.
Die Ergebnisse der Studie sind für COVID-19-Teststrategien von großer Bedeutung: "Antigen-Schnelltests sollten nicht als Ersatz für PCR-Untersuchungen bei symptomatischen Personen eingesetzt werden, wenn PCR-Kapazitäten zur Verfügung stehen", sagt Krone. Von ihrem Einsatz prinzipiell abraten will der Mediziner jedoch nicht: "Großflächig und regelmäßig eingesetzt ermöglichen sie eine zusätzliche Erkennung von in vielen Fällen auch asymptomatischen SARS-CoV-2-Infizierten und damit eine Unterbrechung von Infektionsketten."
MEDICA.de; Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg