Bei 20 bis 40 Prozent aller Menschen besiedeln Staphylococcus aureus-Bakterien – darunter auch antibiotikaresistente Varianten (methicillin-resistente S. aureus, kurz: MRSA) – die Haut oder die Nasenschleimhaut. Oft bleibt das unbemerkt, aber S. aureus kann auch vielfältige Haut-, Weichteil- und Knochenentzündungen, Sepsis/Blutvergiftung und in manchen Fällen – zum Beispiel als Komplikation einer Viruserkrankung – auch schwerste Lungenentzündungen verursachen.
Eine Schlüsselrolle bei einigen dieser Infektionen spielen die vom Bakterium abgesonderten Giftstoffe, wie das Toxin Panton-Valentin-Leukozidin: "Stämme, die dieses Toxin besitzen, verursachen häufig Haut- und Weichteilinfektionen wie Furunkel. In vielen Fällen treten diese dann immer wieder über lange Zeiträume auf, was für die Betroffenen sehr belastend ist. Manchmal können PVL-bildende Bakterien wegen ihrer hohen Virulenz und oft zusätzlich vorhandener Antibiotikaresistenz auch lebensbedrohliche Erkrankungen verursachen", erläutert der an der Studie beteiligt Arzt für Mikrobiologie, Dr. Stefan Monecke vom Leibniz-IPHT in Jena.
Eine möglichst frühe und schnelle Abklärung, ob ein Patient mit einem PVL-bildenden Erreger infiziert ist, könnte deshalb von hohem klinischem und epidemiologischem Nutzen sein. Der Test ermöglicht Kliniklaboren einen schnellen und einfachen Nachweis des Toxins, ohne auf eine Bestätigung durch Zentral- und Referenzlabore zu warten. So können Ärzte die Patienten schneller gezielt behandeln und auch Kontaktpersonen wie Familienangehörige früh warnen und untersuchen.
Streifentest mit hoher Sensitivität
Um eine solche Diagnostik zu ermöglichen, haben die Jenaer Campusforscher in Kooperation mit den Thüringer Firmen Senova und fzmb einen PVL-Test entwickelt, der auf das sogenannte Lateral-Flow-Verfahren setzt, welches auch bei Corona-Schnelltests breite Anwendung gefunden hat. So ist der Test kostengünstig, einfach zu handhaben, kann in hoher Stückzahl produziert werden und liefert innerhalb von nur 15 Minuten ein Ergebnis. Das Leibniz-IPHT-Team um Dr. Stefan Monecke und Prof. Ralf Ehricht hatte schon vor einigen Jahren erste Arbeiten zu einem solchen Testansatz erforscht und veröffentlicht und wollte nun prüfen, ob sich der verbesserte Test auch für neu aufgetretene Stämme bewährt.
Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten untersuchten sie deshalb im Labor isolierte Bakterien von 135 Patienten aus der Region des Persischen Golfs, wo PVL-bildende Erreger in den letzten Jahren gehäuft aufgetreten sind. "Mit dem Test konnten wir mit hundertprozentiger diagnostischer Sensitivität die PVL-bildenden Erreger unter den Stämmen aus den Emiraten und Saudi-Arabien nachweisen. Das heißt: In allen Isolaten, in denen der Virulenzfaktor vorlag, haben wir ihn auch zuverlässig detektiert", so Stefan Monecke. Im Vergleich zu anderen Nachweis- und Typisierungsmethoden bewies der Test damit eine außerordentlich hohe Zuverlässigkeit.
Aus Sicht der InfectoGnostics-Wissenschaftler sind die in der Studie untersuchten Staphylokokken-Stämme besonders besorgniserregend, da sie viele verschiedene Resistenz- und Virulenzgene tragen. Der neue PVL-Schnelltest könnte ein wichtiges Werkzeug sein, um derartige regionalen Ausbreitungen gefährlicher Erreger rasch zu finden. Nur durch eine frühe und exakte Diagnostik können Infektionsketten durchbrochen und effektive Therapien rechtzeitig eingeleitet werden. Der Schnelltest der Jenaer Forscher soll nun in Kooperation mit Industriepartnern aus dem InfectoGnostics Forschungscampus zugelassen und als weiteres Beispiel erfolgreicher Translation wissenschaftlicher Forschung in real verfügbare Produkte auf den Markt gebracht werden.
MEDICA.de; Quelle: InfectoGnostics - Forschungscampus Jena e.V.