Um die persönlichen und sozioökonomischen Belastungen zu reduzieren, haben sich Forschende aus neun Ländern unter Kieler Leitung im EU-Forschungsprojekt miGut-Health zusammengeschlossen mit dem Ziel, die Erkrankungen zukünftig früher zu erkennen und zu therapieren. Dazu möchten die Beteiligten bereits bekannte Biomarker und potentiell krankmachende Antigene wie Gluten genauer untersuchen aber zeitgleich auch neue identifizieren, sowie personalisierte Präventionsmaßnahmen und neue Strategien zur Einbeziehung von Patientinnen und Patienten entwickeln. Koordinator des Forschungsprojekts ist Professor Andre Franke, Vorstandsmitglied des Exzellenzclusters "Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) und Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Weitere PMI-Mitglieder sind mit eigenen Unterprojekten maßgeblich beteiligt. Ko-Koordinatorin ist Professorin Jurgita Skieceviciene von der Litauischen Universität für Gesundheitswissenschaften. miGut-Health wird in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 7,5 Millionen Euro von der EU und dem Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) gefördert.
Der offiziellen CED-Diagnose gehen oft schon Jahre vorher molekulare Veränderungen im Darm voraus. Diese schon frühzeitig zu erkennen und somit Menschen mit erhöhtem Risiko für eine CED-Erkrankung zu identifizieren, ist ein wesentliches Ziel des Projekts. Das Team von miGut-Health will Menschen mit CED oder einem erhöhten Risiko daran zu erkranken, durch die Entwicklung modernster Strategien zur frühzeitigen Krankheitsvorhersage, Prävention und Gesundheitsüberwachung unterstützen. Erreicht werden soll dies durch datengestützte Ansätze, individualisierte Präventionsmaßnahmen (z. B. Ernährungsumstellung) und innovative eHealth-Lösungen.
Die Projektpartner wollen mehrere KI-gestützte eHealth-Plattformen entwickeln, die Gesundheitszustand, Krankheitsaktivität und Ernährung erfassen und sogenannte PROMs ("Patient Reported Outcome Measures“) erheben. Auf diese Weise werden die Forschenden individualisierte Empfehlungen für eine bessere Erkennung, Behandlung und Prävention der Krankheiten entwickeln.
"Unser Ziel bei miGut-Health ist es, CED-Patientinnen und -Patienten, Menschen mit einem hohen Risiko für die Entwicklung von CED und Ärztinnen und Ärzte sowie das medizinische Fachpersonal zu unterstützen, indem wir sie in den Mittelpunkt unserer Forschung stellen und sehr früh einbinden“, sagt Projektkoordinator Professor Andre Franke.
Durch die Analyse von Biomarkern für die Darmgesundheit wollen die Forschenden mehr über Probleme im Verdauungssystem erfahren und herausfinden, wie die Darmgesundheit verbessert werden kann. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei das Darmmikrobiom, also die Gesamtheit der im Darm lebenden Mikroorgansimen, sowie die Interaktion des Immunsystem mit diesem.
"Wir wollen in Stuhlproben zum einen nach Bakterien suchen, die vom Immunsystem als "gefährlich“ markiert worden sind – obwohl sie vielleicht gar nicht schädlich für den Körper sind -, und zum anderen nach schädlichen Bakterien, die übersehen worden sind – beides kann mit CED zusammenhängen“, erklärt PMI-Mitglied und miGut-Health-Partner Professor Mathieu Groussin, Mikrobiomexperte am IKMB. Die Bakterien, die vom Immunsystem erkannt worden sind, haben bestimmte Antikörper auf ihrer Oberfläche. "Und wir wissen bereits aus unserem Global Microbiome Conservancy Projekt, dass in Populationen von Industrieländern viel mehr dieser Antikörper auf Bakterien im Stuhl sitzen als in anderen Regionen der Welt, das Immunsystem hier also chronisch aktiv bzw. überreaktiv ist. Und genau in Industrieländern beobachten wir ein höheres CED-Vorkommen“, so Groussin weiter.
MEDICA.de; Quelle: Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen