Wie kann sich das auf die Behandlung auswirken?
Reichert: Die Tumorzelle kann sich schnell wechselnden Umgebungszuständen anpassen. Unsere Hypothese ist, dass durch die Verminderung der Heterogenität die Tumorzelle dazu weniger leicht in der Lage ist, wir sprechen dann von einer geringeren Plastizität. Wir hoffen, durch unseren Ansatz diese schnelle Resistenzentstehung zu verhindern. Die klassischen Chemotherapien könnten dadurch effektiver werden.
Diese reduzierte Plastizität und Heterogenität mit dem Ergebnis der verkleinerten Angriffsfläche könnte man mit ganz neuen Therapieformen kombinieren, zum Beispiel Immuntherapie oder zelluläre Therapie, und dadurch diese Population von Tumorzellen einfach abräumen. Unter Umständen wäre das auch ohne die traditionelle Chemotherapie mit ihren schweren Nebenwirkungen möglich.
Ist das Verfahren auf andere Tumore übertragbar?
Reichert: Wir versuchen, unsere Modellentitäten, wo wir diese Technologien entwickeln, dann auf eine breite Anwendung auch in anderen Tumorentitäten hinzuführen. Hier bei uns wenden wir das Organoidsystem auf alle gastrointestinalen Tumorentitäten an, von der Speiseröhre bis zum Darm. Das Pankreaskarzinom war für uns eine besondere Herausforderung, weil wir hier ein besonders hohes Maß dieser Heterogenität sehen und deswegen unser Konzept hier getestet haben. Gerade untersuchen wir die Anwendung auf Gallengangskarzinome. Diese Tumorentität nimmt immer mehr zu und bildet wahrscheinlich in der Zukunft ein ähnliches Problem wie das Pankreaskarzinom.