KI-Modell erkennt mehrere genetische Marker bei Darmkrebs

Darmkrebs zählt weltweit zu den häufigsten Krebsarten. Um genetische Veränderungen schneller und kostengünstiger zu identifizieren, hat ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung von Prof. Jakob N. Kather vom Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit an der TU Dresden ein neues KI-Modell entwickelt.

Die multizentrische Studie umfasste fast 2.000 digitalisierte Gewebeschnitte aus sieben unabhängigen Patientenkohorten in Europa und den USA. Neben Gewebeproben wurden auch klinische und demografische Daten analysiert.

Das Modell, ein sogenannter Multi-Target-Transformer, kann zahlreiche genetische Veränderungen gleichzeitig aus histologisch gefärbten Darmkrebs-Gewebeproben vorhersagen. Frühere Verfahren beschränkten sich meist auf die Analyse einzelner Mutationen.

„Bisherige Deep-Learning-Modelle und die Analyse der zugrunde liegenden Gewebeveränderungen beziehen sich in der Regel auf nur jeweils eine Mutation. Unser neues Modell kann viele Biomarker gleichzeitig identifizieren, so auch bislang klinisch nicht beachtete“, erklärt Marco Gustav, Erstautor der Studie.

Ein zentrales Ergebnis war, dass Mutationen häufig in mikrosatelliteninstabilen (MSI) Tumoren auftreten. MSI gilt als wichtiger Biomarker, um Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die auf Immuntherapien ansprechen könnten. „Das Modell erkennt also gemeinsame visuelle Muster – anstatt genetische Veränderungen unabhängig voneinander zu identifizieren“, so Gustav.

Die Forschenden konnten zudem zeigen, dass das Modell bei der Vorhersage von Biomarkern wie BRAF- oder RNF43-Mutationen ebenso präzise war wie etablierte Verfahren – in manchen Fällen sogar bessere Ergebnisse erzielte.

Prof. Kather betont: „Unsere Forschung zeigt, dass KI-Modelle diagnostische Abläufe deutlich beschleunigen können. Gleichzeitig gewinnen wir mit diesen Methoden neue Einblicke in den Zusammenhang zwischen molekularen und morphologischen Veränderungen bei Darmkrebs. Künftig könnte diese Technologie als effektives Vorscreening-Werkzeug zum Einsatz kommen – und Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, gezielt Patientinnen und Patienten für weiterführende molekulare Tests auszuwählen und individuelle Therapieentscheidungen zu treffen.“

Das Team plant, den Ansatz auch auf andere Krebsarten zu übertragen, um personalisierte Krebsdiagnostik und Therapieentscheidungen weiter zu verbessern.

MEDICA.de; Quelle: Technische Universität Dresden