Cerenion: KI-Software verbessert die Überwachung des Gehirns

Intensivpflegepatienten müssen in allen Bereichen sorgfältig überwacht werden. Cerenion hat die Software C-Trend entwickelt, um einen besseren Überblick über die Gehirnfunktionen der Patienten zu erhalten. Mit künstlicher Intelligenz kann die Versorgung so deutlich verbessert werden.

Im Interview mit MEDICA.de stellt der Mitbegründer und CEO Jukka Kortelainen sein Start-up und sein Produkt vor. Er erzählt uns von den Herausforderungen bei der Gründung eines Start-ups und der Markteinführung eines neuen Medizinprodukts in Finnland.

Woher kommt die Idee für euer Produkt?

Jukka Kortelainen: Die Idee zu unserem Produkt C-Trend entstand, während meiner Arbeit im Universitätskrankenhaus von Oulu. Als ich dort mit Intensivpatienten arbeitete, wurde mir klar, wie wenig wir über die Gehirnfunktion dieser Patientinnen und Patienten wissen. Die Funktion von Herz und Lunge wird sorgfältig überwacht, aber dem Gehirn wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Und das, obwohl eine unzureichende Überwachung der Hirnfunktion die Behandlung erheblich beeinträchtigen und die Kosten der Pflege erhöhen kann.

Welches Problem wollt ihr damit adressieren?

Kortelainen: Die Cerenion C-Trend Software ermöglicht eine schnelle und kontinuierliche Analyse des Elektroenzephalogramms (EEG), das die elektrische Aktivität des Gehirns darstellt. Mit dem EEG können Ärztinnen und Ärzte die Hirnfunktion ihrer Patientinnen und Patienten bewerten und schwere Erkrankungen wie epileptische Anfälle und Hypoxie (z. B. aufgrund eines Schlaganfalls) erkennen. In Verbindung mit fortschrittlichen, praktischen EEG-Geräten hilft C-Trend bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf die Behandlung und kann so die Versorgung verbessern und die Kosten senken.

An welcher Stelle eurer Entwicklung steht ihr jetzt?

Kortelainen: C-Trend ist eine medizinische Software mit CE-Kennzeichnung, die in Europa als Medizinprodukt der Klasse IIB erhältlich ist. Das Produkt wird in mehreren Krankenhäusern in Finnland und zum Beispiel auch in Deutschland eingesetzt.

Was war das größte Hindernis für die Gründung?

Kortelainen: Die größte Hürde bestand darin, die Finanzierung der anspruchsvollen und zeitaufwändigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie der Zulassungsarbeiten zu gewährleisten, die erforderlich sind, damit ein Medizinprodukt auf den Markt kommen kann. Wir waren in der Lage, dieses Hindernis zu überwinden und haben nun drei Investitionsrunden mit einer Gesamtfinanzierung von mehr als 7 Mio. EUR durchgeführt.

Was hat euch vor der Gründung die meisten Sorgen bereitet?

Kortelainen: Wir haben uns am meisten Sorgen gemacht, ob wir in der Lage sein würden, ein erfolgreiches Start-up zu gründen. Denn alle Mitglieder des Gründungsteams hatten einen universitären Hintergrund oder kamen aus der Forschung. Glücklicherweise hat sich alles zum Guten gewendet, denn es ist uns gelungen, unser Team mit wirklich talentierten Leuten zu verstärken, die Erfahrung in der Medizintechnikbranche haben.

Was war eure beste Entscheidung bisher?

Kortelainen: Unsere wahrscheinlich beste Entscheidung war, uns auf unsere Stärke, die Softwareentwicklung basierend auf künstlicher Intelligenz, zu konzentrieren und mit EEG-Geräteherstellern zusammenzuarbeiten, anstatt zu versuchen, ein vollständiges System selbst zu entwickeln. Auf diese Weise konnten wir unsere Erfahrung aus jahrelanger Forschung in diesem Bereich wirklich nutzen und gemeinsam mit unseren Partnern eine einzigartige Lösung schaffen.

Wie beurteilt ihr die Möglichkeiten für Start-ups auf dem Medizinmarkt in eurem Land?

Kortelainen: In Finnland gibt es viele innovative Entwicklungen im Bereich der Medizinprodukte, und in letzter Zeit wurden viele Start-ups in diesem Bereich gegründet. Die Herausforderung besteht in der Finanzierung der Kommerzialisierung dieser Innovationen, da sich die Investitionen aufgrund der erforderlichen langfristigen FuE-Arbeiten und der zunehmenden regulatorischen Belastung nicht schnell auszahlen.

Welche Tipps würdet ihr zukünftigen Start-ups auf dem Medizinmarkt geben?

Kortelainen: Unterschätzt die Anforderungen im Zusammenhang mit der klinischen Validierung und der Zulassungsarbeit für euer künftiges Produkt nicht. Berücksichtigt diese von Anfang an und findet die richtigen Leute und/oder Dienstleister, die euch helfen. Versucht, Investoren zu finden, die dies ebenfalls verstehen und euch bei der langfristigen Entwicklungsarbeit unterstützen, die im Bereich der Medizinprodukte erforderlich ist.

Bitte beschreibt die Medizintechnikindustrie in drei Worten.

Kortelainen: Spannend, wichtig, anspruchsvoll

Was nehmt ihr euch für die nächsten beiden Jahre vor?

Kortelainen: Wir werden uns darauf konzentrieren, unsere Umsätze in Europa zu steigern, unseren Markteintritt in die USA voranzutreiben und unsere Produkte für den Einsatz bei neuen Patientengruppen weiterzuentwickeln.