Was müssen Forschung und Industrie Ihrer Meinung nach tun, damit Patientinnen und Patienten sowie Anwendende in der Medizin KI vertrauen beziehungsweise ihren Einsatz auch annehmen?
Lukowicz: Ich denke, man muss klar kommunizieren, was ein solches Modell kann und was nicht. Und Anwendende müssen natürlich auch hinterfragen, was das für ein Modell ist, das sie benutzen, und wo sitzt die Firma, die dieses Modell betreibt, weil es hier um den Schutz von Gesundheitsdaten geht.
In Deutschland haben wir zwar einerseits so eine Art, den Datenschutz an vielen Stellen so zu betonen, dass er uns auch einschränkt. Andererseits gibt es unbestreitbar die Vorstellung, dass da jemand sitzt, der meine Daten sammelt, und ich weiß nicht, wer das ist und wofür. Und wenn es sich dabei um intimste Fragen zur Gesundheit handelt, ist das hochgradig problematisch für Nutzerinnen und Nutzer. Dieses Vertrauen muss also hergestellt werden, und das bedeutet auch, dass ich sage, was geht und was nicht.
Was denken Sie, wie wir in fünf Jahren KI im Gesundheitswesen einsetzen werden?
Lukowicz: Ich glaube, dass KI fast alle Bereiche des Gesundheitswesens verändern wird. Ob und wieviel davon schon in fünf Jahren umgesetzt ist, ist immer schwierig zu sagen. Vor fünf Jahren gab es ja nicht mal ChatGPT. Daran sieht man, dass sich viel tut.
Insgesamt werden wir im Gesundheitswesen effizienter arbeiten können. Da wäre zum Beispiel das Thema Versorgung in ländlichen Gebieten, wo viele Orte nicht die Versorgung haben, die sie haben sollten. Hier wird natürlich nicht die KI die Ärztin oder den Arzt ersetzen, und das soll sie auch nicht. Aber wenn es zum Beispiel eine örtliche Allgemeinmedizinerin oder -mediziner gibt, dann hat die- oder derjenige in vielen Bereichen kein Spezialwissen. Hier wird KI die Möglichkeit bieten, auf viel mehr Informationen zuzugreifen. Die Ärztin oder der Arzt wird diese dann bewerten und damit viel mehr machen können als vorher, ohne die Menschen direkt in eine Fachpraxis schicken zu müssen.
Ähnlich ist das auch für kleinere Krankenhäuser denkbar, die mit KI bessere Diagnosen stellen können, vergleichbar mit dem Top-Bereich der Universitätskliniken. Und auch für den Bereich Verwaltung und Dokumentation, in dem die Krankenhäuser jede Menge Ressourcen verbrauchen, sind KI-Tools prädestiniert.