Von Laser bis Atemtest: Neue Wege der Blutzuckermessung

Mit Licht ins Gewebe schauen – auf diesem Prinzip basiert die Technik des deutschen Start-ups DiaMonTech. Ein spezieller Laserstrahl dringt wenige Mikrometer tief in die Haut ein und erfasst molekulare Schwingungen, die direkt mit dem Glukosewert korrelieren. Hierfür muss nur der Finger auf das Gerät mit Namen D-Pocket gelegt werden, das ungefähr die Größe eines Smartphones hat. Ein paar Sekunden warten und der Zuckerwert erscheint auf dem Display. Laut Hersteller konnte eine erfolgreiche Studie 2024 zur optischen Blutzuckermessung abgeschlossen werden und das Gerät befindet sich kurz vor der Zulassung.

Das Schweizer Unternehmen Liom entwickelt tragbare Geräte, die den Blutzuckerwert kontinuierlich überwachen sollen – ohne dass Sensoren unter der Haut getragen werden müssen, sondern ebenfalls durch Spektroskopie. Ziel ist eine App sowie ein komfortables Wearable, das ähnlich wie eine Smartwatch Daten sammelt. Für Betroffene könnte das eine deutliche Entlastung bedeuten. Die Geräte sollen Ergebnisse ohne individuelle Kalibrierung erlauben. Erste Ergebnisse einer externen klinischen Studie wurden Anfang 2025 im Journal of Diabetes Science and Technology (JDST) veröffentlicht. Laut Hersteller sind die Ergebnisse so gut, wie sie von ersten Generationen moderner CGMs geliefert wurden. Die weitere Entwicklung soll darüber hinaus nicht nur Diabetikerinnen und Diabetiker mit einbeziehen. Ziel ist es, dass allen Menschen eine Überwachung ihrer Gesundheitswerte möglich sein soll – ähnlich wie es Wearables heute schon mit Schritten, Herzfrequenz usw. erlauben.

Einen völlig anderen Ansatz verfolgt das britische Start-up Occuity. Das Unternehmen entwickelt ein tragbares, berührungsloses optisches Messgerät in Stiftgröße zur Blutzuckermessung. Sein Name: Indigo. Das Gerät ermittelt den Blutzuckerspiegel über Veränderungen in der vorderen Augenkammer. Laut Hersteller zeigen zahlreiche medizinische Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen Veränderungen der Glukosekonzentration in der Augenkammer und Blutzuckerschwankungen. Das Messgerät nutzt genau diesen Zusammenhang für seine Technologie.

Für Anwenderinnen und Anwender wäre die Messung einfach ein kurzer Blick in das Gerät. Noch befindet sich die Technologie in der klinischen Erprobung. Doch das Gerät hätte das Potential, auch in der Prävention etwa in der Hausarztpraxis eingesetzt zu werden, um einen Frühdiabetes rechtzeitig zu erkennen. Für Privatanwendende wären die Kosten außerdem über die Zeit deutlich geringer, da keine neuen CGMs oder Teststreifen erworben werden müssten. Es bleibt abzuwarten, wann die Technik marktreif sein wird.

Auch die Ausatemluft liefert Hinweise auf den Blutzuckerspiegel. Das französische Unternehmen BOYDSense analysiert dafür bestimmte flüchtige organische Verbindungen (VOCs), die beim Atmen ausgeschieden werden. Das geplante Gerät ähnelt einem kleinen Atemtester. Der Ansatz gilt als besonders komfortabel, erfordert aber noch umfassende Studien, um Genauigkeit und Zuverlässigkeit nachzuweisen. Bislang erklärt das Unternehmen auf seiner Website über ihre Tests: „Genaue, effiziente Probenahme und Analyse für Risikostratifizierung, Erkennung und Überwachung. Frühe Studien zeigen eine Zuverlässigkeit der Messungen von 99,3 % nach einem einzigen Test.“ (Daten liegen dem Hersteller) vor Auch dieses Gerät befindet sich derzeit noch in der weiteren Entwicklung sowie ersten klinischen Studien.

Die Vision von einer Blutzuckermessung ohne Pikser ist längst nicht mehr nur ein Wunsch vieler Patientinnen und Patienten – sie ist auch ein zentrales Thema für die Medizintechnik und die Diagnostikbranche. Und: Nicht-invasive Verfahren würden den Markt grundlegend verändern. Hersteller von klassischen Messgeräten, Laboranbieter und auch die digitale Gesundheitswirtschaft beobachten die Entwicklungen deshalb sehr genau.

Allerdings stehen die meisten Technologie noch am Anfang. Während optische Verfahren und Wearables erste vielversprechende Ergebnisse liefern, bleibt die klinische Validierung im Alltag die entscheidende Hürde. Genauigkeit, Standardisierung und regulatorische Zulassungen müssen noch unter Beweis gestellt werden, bevor die breite Einführung erfolgen kann.

Für die Medtech- und Laborbranche eröffnet sich damit ein spannendes Feld:

• Kooperationen mit Start-ups können den Transfer aus der Forschung beschleunigen.
• Klinische Studien und Validierungen bieten Laboren neue Aufgabenfelder.
• Digitale Lösungen – etwa in Kombination mit Apps oder Telemedizin – schaffen zusätzliche Schnittstellen zum Gesundheitswesen.

Fazit: Die nicht-invasive Blutzuckermessung bleibt eines der dynamischsten Innovationsfelder im Diabetesmanagement. Für Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist jetzt die Zeit, sich zu positionieren – sei es als Technologieanbieter, als klinischer Studienpartner oder als künftiger Integrator im Versorgungssystem.