Die Knochenneubildung einer Beinverlängerung gliedert sich in 3 Phasen: Distraktionsphase, Konsolidierungsphase und Remodelling. Bisher wurden vollimplantierbare Verlängerungsmarknägel zur Beinverlängerung eingesetzt. Wie lange dauert durchschnittlich der komplette Heilverlauf bei Patienten mit Verlängerungsmarknägeln im Vergleich zu Patienten mit neuen Beinimplantaten?
Thaller: Die kritische Phase ist die Distraktionsphase, in der die meiste Erfahrung gefordert ist. Hier wird der Knochen in der Regel mit 1 mm pro Tag verlängert. Das heißt, wenn wir um 30 mm verlängern wollen, dauert die Distraktionsphase 30 Tage. In dieser Phase ändert sich nichts, nur dass die Patienten, im Vergleich zu den Patienten mit den herkömmlichen Implantaten, schon bald ohne Gehstützen gehen können. Es folgt die Konsolidierungsphase. Bisher wurden für die Konsolidierungsphase bei normalem Verlauf die einfache oder doppelte Zeit der Distraktionsphase veranschlagt. Das heißt bei 30 mm Verlängerung haben wir 30 - 60 Tage Konsolidierungsphase. Kennzeichnend für diese Phase ist eine deutlich schnellere Knochenheilung und deutlich bessere generelle Genesung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich hier durch die Vollbelastbarkeit eine deutliche Beschleunigung ergibt. Das Remodelling läuft dann über viele Monate. Die Patienten sind kaum noch beeinträchtigt. Meiner Meinung nach dauert diese Phase ähnlich lange, wie es bei den bisherigen Implantaten der Fall ist.
Welche Funktionen sollte Ihrer Meinung nach ein perfektes Beinimplantat aufweisen?
Thaller: Ein perfekter Verlängerungsmarknagel sollte einen sicheren und kräftigen Antrieb haben, das heißt, er sollte sich bei Belastung nicht wieder verkürzen. Zudem sollte der Antrieb einen kontrollierten Rücklauf erlauben - der Marknagel sollte zurückgefahren werden können, ohne dass wir den Patienten unter Narkose setzen oder in den OP fahren müssen. Weiterhin sollte der Antrieb stabil sein und somit gegen einen eventuellen unkontrollierten Rücklauf schützen. Vollbelastbarkeit ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal, die mit dem neuen Beinimplantat auch erstmals mit einer Zulassung gegeben ist. Miniaturisierung ist ebenso wichtig, da nicht jeder Knochen groß genug ist, um die bisherigen Implantate aufnehmen zu können. Hier würden wir uns wünschen, dass die Marknägel bei gleicher Verlängerungsstrecke dünner und eventuell noch kürzer werden. Dann könnten Marknägel auch bei Knochen verwendet werden, die bisher für solche Maßnahmen zu klein waren. Hierbei sind jedoch statische, konstruktive und materialbedingte Grenzen zu beachten.