Desinfektion: Lasst den Nebel die Arbeit machen

Im Gesundheitswesen sind wirksame Waffen erforderlich, um sowohl nosokomiale Infektionen als auch Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 zu bekämpfen. Neben Schutzausrüstung gehört dazu auch die regelmäßige Raumdesinfektion. Die erfordert aber Zeit und ist auch fehleranfällig, wenn sie manuell durchgeführt wird. Vollautomatische Lösungen sind erforderlich, um das Krankenhauspersonal von dieser anstrengenden Arbeit zu entlasten und sie zuverlässig durchzuführen. Warum also nicht den Raum einnebeln?

Im Interview mit MEDICA.de spricht Renato Mutton von 99Technologies S.A. über die aerosolbasierte Desinfektion von Räumen und Oberflächen und erklärt, wie sie funktioniert und wie sie sich gegen das neuartige Coronavirus schlägt.

Herr Mutton, wir sprechen über die Desinfektionstechnologie "HyperDRYMist" Ihres Unternehmens. Könnten Sie bitte kurz erklären, wie sie funktioniert?

Renato Mutton: Die Technologie besteht aus zwei Komponenten: einem Gerät, das wir Mikro-Vernebler nennen, und einer Desinfektionslösung. Durch das Gerät wird die Lösung in einen extrem feinen Nebel umgewandelt. Tatsächlich sind 75 Prozent der Tröpfchen, aus denen der Nebel besteht, kleiner als 0,5 Mikrometer, es handelt sich also um ein hochwertiges Aerosol. In Bezug auf eine Reihe von physikalischen Eigenschaften verhält sich dieser Nebel also wie ein Gas. Er ist in der Lage, alle Oberflächen, die der Luft ausgesetzt sind, gleichmäßig zu bedecken, auch solche, die weiter entfernt und schwer erreichbar sind. Auf diese Weise erreichen wir einen Grad der Desinfektion, der mit der üblichen manuellen Desinfektion einfach nicht zu erreichen ist.

Was wäre ein typisches Szenario für den Einsatz dieses Geräts?

Mutton: Es wurde für den Einsatz im Gesundheitswesen entwickelt, um nosokomiale Infektionen zu verhindern. Es handelt sich um eine Ergänzung zur regelmäßigen Reinigung und Desinfektion. Aber im Grunde genommen kann es überall eingesetzt werden, insbesondere während der Corona-Pandemie. Es kann überall dort eingesetzt werden, wo Menschen an einem sicheren Ort sein müssen und wo Oberflächen gründlich desinfiziert werden müssen - von Hotels bis hin zu Versammlungsstätten, Büros oder Transportmitteln.

Wie viel Zeit nimmt der Prozess in Anspruch?

Mutton: Das hängt von der Art und Menge der Krankheitserreger auf den Oberflächen ab. Eine präventive Desinfektion, die routinemäßig im Gesundheitswesen eingesetzt wird, dauert etwa 30 Minuten. Wir haben auch ein Protokoll gegen das Coronavirus entwickelt, das etwa eine Stunde dauert. Darüber hinaus verfügen wir über ein sehr intensives Desinfektionsprotokoll, das eine Reduzierung um 6 log ermöglicht - das bedeutet, dass wir in der Lage sind, eine Million CFU (Colony Formation Units) auf weniger als eine zu bringen.

Darum ist unser System so elegant: Wir sind bereits bei niedrigen Dosierungen und in relativ kurzer Zeit sehr effizient, aber wir können auch eine starke Dekontamination durchführen.

Wie viel Raum deckt ein Gerät ab?

Mutton: Bis zu 250 Kubikmeter mit einem einzigen Gerät. Bei größeren Räumen setzen wir mehrere Geräte gleichzeitig ein.

Welches Desinfektionsmittel wird verwendet?

Mutton: Das wichtigste biozide Mittel ist Wasserstoffperoxid, aber wir kombinieren es mit anderen Chemikalien, die die Funktionsweise des Gesamtsystems beeinflussen. Einerseits erhöhen sie die biozide Fähigkeit von Wasserstoffperoxid, das bereits ein sehr wirksames Desinfektionsmittel ist. Zum anderen tragen sie dazu bei, einen hochwertigen Nebel mit extrem feinen Tröpfchen zu erzeugen, der alle Bereiche erreicht.

Das sind die beiden Komponenten, die eine Desinfektionslösung wie unsere insgesamt wirksam machen: eine gute Verteilung und ein hochwirksames Biodekontaminationsmittel.

Was sind Vorteile und Grenzen?

Mutton: Der größte Nachteil ist, dass es einige Zeit braucht, bis es wirkt. Die Dekontamination dauert mindestens 30 Minuten. Im Vergleich zu Technologien, die keine Verbrauchsmaterialien verwenden, ist sie etwas langsamer. Aber nach unserer Erfahrung haben diese Technologien nicht den gleichen Grad an Durchdringung, da sie nicht jeden Ort im Raum gleichmäßig erreichen. Obwohl unser Desinfektionsmittel nicht giftig ist, gilt es als reizend, weshalb die Behandlung, ähnlich wie bei allen berührungslosen Technologien, ohne Anwesenheit von Personen in der behandelten Umgebung erfolgt.

Der klare Vorteil liegt in der hohen Wirksamkeit (sowohl präventiv als auch sanierend), der Sicherheit (sowohl für das Personal als auch für die Oberflächen), der einfachen Anwendung, der Tragbarkeit und der Kosteneffizienz.

Inwieweit wirkt es gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2?

Mutton: Wir haben unser System in Südamerika im Sommer getestet, als es auf der Südhalbkugel Winter war. Damals war das Virus hier in Europa schwieriger zu finden. Die Bedingungen, unter denen wir den Test durchführten, waren besonders fordernd, weil es uns gelang, das lebende Virus von einer befeuchteten Oberfläche zu tilgen. Selbst unter diesen Bedingungen konnten wir immer noch mehr als 99,5 Prozent der lebensfähigen Coronaviren eliminieren.

Was hat sich durch die Pandemie für Ihr Unternehmen verändert?

Mutton: Geschäftlich gesehen war es unser bisher stärkstes Jahr. Aber es hat uns auch ermöglicht, das Bewusstsein für die Frage einer qualitativ hochwertigen Desinfektion von Oberflächen zu schärfen. Gut desinfizierte Oberflächen zu haben, ist ein wichtiges Ziel, das in einer Reihe von Wirtschaftssektoren erreicht werden muss - nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch in Branchen, die es sich nicht leisten können, kontaminierte Waren an die Öffentlichkeit zu liefern. Die Corona-Pandemie zeigt wirklich, wie wichtig es ist, Oberflächen gründlich zu desinfizieren.

Hat diese Situation neue Lösungen oder neue Ideen hervorgebracht?

Mutton: Wir werden in den kommenden Monaten schrittweise Verbesserungen am Mikro-Vernebler einführen. Wir werden auch Technologien zur besseren Kontrolle des Desinfektionsprozesses einführen, um die eigentliche Desinfektion sorgfältig zu überwachen, während sie stattfindet.

Was erwarten Sie von Ihrer Teilnahme an der virtual.MEDICA 2020?

Mutton: Ich denke, es wird bei den Teilnehmern ein größeres Bewusstsein für eine qualitativ hochwertige Desinfektion entstehen. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Technologie jedem überall helfen kann. Daher hoffen wir, unsere derzeitige Gruppe von Vertriebspartnern, die unser Produkt in die ganze Welt liefern, zu vergrößern.