Dr. André T. Nemat moderierte im MEDICA Health IT Forum das Panel "Smart Robotics – How to build intelligent machines for healthcare". Er war jahrelang Chefarzt in thoraxchirurgischen Kliniken, hat vor der Medizin aber auch Igenieurwissenschaften studiert. Er erläutert im Interview mit MEDICA die Trends und Schwierigkeiten der Robotik im medizinischen Umfeld.
Dr. Nemat, was sind Roboter und welche Trends ergeben sich in dem Gebiet der Robotik?
Dr. André T. Nemat: Der Begriff Roboter ist im umgangssprachlichen Gebrauch geprägt durch Science-Fiction-Literatur und durch die Art, wie wir uns Roboter vorstellen: Eher als humanoide Geräte, die mehr oder weniger menschenfreundlich sind. Wenn wir aber sehen, wie OP-Roboter tatsächlich aussehen, erinnert das nicht mehr an diese Literatur.
Der Begriff "Roboter" hat sich ebenfalls sehr stark gewandelt, wir können nämlich auch Software-Applikationen und algorithmische Intelligenzen, die dahinterstehen, als Roboter bezeichnen. Im Zuge der Digitalisierung sind das Technologien und evolutionäre Entwicklungen, die in jeden Bereich unseres Alltags Einzug erhalten und die auch in der Medizin und besonders in der Chirurgie in der nahen Zukunft eine immer größere Rolle spielen werden.
Ergeben sich daraus Probleme oder Schwierigkeiten?
Nemat: Herausforderungen ergeben sich immer in einer Transitphase. Das heißt: Immer wenn eine Technologie relativ neu ist und alte Verfahren ablösen soll, gleichzeitig selbst aber noch nicht den Reifegrad erreicht hat, der die Anwendung für jeden bequem macht.
Ein Problem ist beispielsweise, dass bestimmte Techniken erst dann einen gewissen Standard erreichen, wenn sie bereits in die Ausbildung von jungen Ärzten Einzug finden, sowohl während des Studiums als auch später in der Facharztausbildung. Wir müssen Zugang zu diesen neuen Möglichkeiten in der Fort-, Weiter- und Ausbildung schaffen, dabei ist eine Lernkurve bei den Ausbildern selber ja immer noch nicht abgeschlossen. Deshalb sehe ich in der Transformation der Ausbildung und Etablierung neuer Standards eine gewisse Herausforderung.
Darüber hinaus gibt es aber in der Technologie selbst noch Limitationen. Wir sind noch weit davon entfernt, dass diese Geräte intuitiv zu bedienen sind oder schon einen Reifegrad erreicht haben, dass jeder sie anwenden könnte. Das bedeutet, zurzeit müssen wir noch davon ausgehen, dass wir es auch mit Defiziten seitens der Technologie zu tun haben, auf die wir eingehen müssen und die noch weiterentwickelt werden müssen.
Und schlussendlich haben wir auch das große Thema der Daten, die im Zuge der Digitalisierung auch bei Roboter- Anwendungen anfallen. Diese Daten wiederum bringen per se Herausforderungen mit sich hinsichtlich der Sicherheit. Die Fragen von Safety, Security und Privacy sind große Angelegenheiten, die besonders im gesundheitlichen und medizinischen Umfeld – wo es immer um sehr individuelle, personenbezogene Daten geht – eine große Rolle spielen können. In der Hinsicht gibt es sowohl juristische, regulatorische, aber auch ethische Herausforderungen, die wir gerade erst anfangen zu identifizieren und einen Umgang damit zu finden.