Aber auch bei bereits verlorenen oder eingeschränkten Sinnen helfen Implantate. Ein Beispiel wäre das Argus-II-Implantat der Firma Second Sight Medical. Es besteht aus einer Kamera, die in einer Brille getragen wird und Signale an ein Elektrodenarray sendet, das auf die Retina implantiert wurde. Dieses Array stimuliert den Sehnerv und erlaubt es Menschen, die aufgrund von Retinitis Pigmentosa erblindet sind, wieder grobe Bilder zu sehen, das heißt Formen und Hell-Dunkel-Kontraste. Inzwischen wurde Argus II vom Orion-Implantat abgelöst, bei dem Elektroden direkt ins Gehirn implantiert werden, um dort ein Bild zu produzieren. In den USA findet derzeit eine Machbarkeitsstudie zu Orion statt.
Im Bereich des Hörens wird ein ähnliches Konzept schon lange mit Cochlea-Implantaten umgesetzt. Hier wird ein elektrischer Leiter in die Hörschnecke implantiert, der die dortigen Nervenzellen stimuliert. Leider haben heutige Cochlea-Implantate einen großen Nachteil: "Die Trägerinnen und Träger der Implantate können entsprechend Tonhöhen schlecht auseinanderhalten, sodass sie Sprache schlechter verstehen und oft auch weniger Freude an Musik haben", wie Prof. Tobias Moser im Interview mit MEDICA.de erklärt.
Der elektrische Strom des Implantats verbreitet sich in der menschlichen Hörschnecke weit, sodass viele Nervenzellen gleichzeitig stimuliert werden. Moser und sein Team im Projekt "OptoHear" wollen Abhilfe durch optische Fasern schaffen, denn "da man Licht besser bündeln, also räumlich begrenzen kann, kann man einzelne Regionen der Hörschnecke mit Licht besser ansprechen als mit Strom".
Da die Nervenzellen der Hörschnecke nicht lichtempfindlich sind, müssen sie im Vorfeld genetisch verändert werden. Das erste Ziel der Forscherinnen und Forscher ist es deshalb, eine Gentherapie zu entwickeln. Durch diese sollen auf den Nervenzellen neue Poren entstehen, die sich öffnen, wenn Licht darauf fällt, und so einen Reiz in der Zelle auslösen. Derzeit wird diese Methode noch in Tierexperimenten erprobt. Laut Moser könnte das erste optische Cochlea-Implantat Ende der zwanziger Jahre verfügbar sein.