Gabriel Salg war an dem Projekt beteiligt und erläutert im MEDICA.de-Interview, welche Herausforderungen das Forscherteam bewältigen musste und warum gedrucktes Gewebe nicht mit gedruckten Organen gleichzusetzen ist.
Herr Salg, worum ging es bei dem Eurostars-Projekt 3D-PIVOT?
Gabriel Salg: Projektziel von 3D-PIVOT war die Entwicklung und Validierung eines Konzepts zur Herstellung von funktionalem insulinproduzierendem Gewebe mittels 3D-Biodruck. Obwohl die experimentellen Arbeiten nur in vitro durchgeführt wurden, sollte von Beginn an ein skalierbares Herstellungs- und Applikationskonzept für eine perspektivische Anwendung im Menschen bedacht werden.
Gemeinsam mit den Projektpartnern aus Deutschland (ASD Advanced Simulation and Design, Rostock und INOVE DE, Heidelberg) wurden verschiedene Software-Module entwickelt, die es erlauben, ein 3D-Modell für den Biodruck bereits vor der Fertigung durch komplexe Simulationen in silico auf seine Eignung hin zu evaluieren. Dadurch konnte ein Konzept für ein hybrides Insulin-produzierendes Device erstellt werden. Der rumänische Technologiepartner LTHD Ltd., Timisoara, entwickelte einen neuartigen 3D-Biodrucker.
Welche Erfolge konnten Sie verzeichnen?
Salg: Es konnte erfolgreich ein Bottom-Up Tissue Engineering-Konzept für insulinproduzierendes Gewebe erstellt werden. Insulin-produzierende Zellen wurden in ein Hydrogel integriert und mit Hilfe eines 3D-Biodruckers reproduzierbar und präzise gedruckt. In der nachfolgenden Kultivierung der Zellen konnten wir beobachten, wie sich aus den ursprünglichen Einzelzellen im Gel Zellcluster formten. Dies kann nicht durch konventionelle 2D-Zellkultur erzielt werden, sondern ist auf die spezifische 3D-Umgebung des Hydrogels zurückzuführen.
Die Zellcluster produzieren Insulin, analog zu den Langerhans’schen Inseln in der menschlichen Bauchspeicheldrüse. Wachstum, Überleben und Funktion der Zellcluster konnte experimentell bewiesen werden – auch durch Stimulation mit Glukose. In weiteren Versuchen in befruchteten Hühnereiern konnte untersucht werden, inwiefern neue Gefäße in die 3D-biogedruckten Strukturen einwachsen und ob die Zellen über einen längeren Zeitraum hinweg ohne Zufuhr von Kulturmedium und Nährstoffe überleben. Ein extensives Gefäßwachstum beziehungsweise die Neubildung von Gefäßen konnte festgestellt werden.
Die erfolgreichen Ergebnisse, die wir in den vergangenen Jahren erreichen konnten, müssen in kommenden Projekten in vivo, also im Tierversuch reproduziert werden, um entsprechend guter wissenschaftlicher Praxis belastbare Aussagen treffen zu können.