Im Interview mit MEDICA.de erklärt PD Dr. med. Nathanael Raschzok die Anwendung der Maschinenperfusion, wodurch sich die verschiedenen Methoden unterscheiden und für welche Organe sie in Zukunft genutzt werden könnte. Ebenso schätzt er ihre Bedeutung in der Organtransplantation, im Hinblick auf den Organmangel, ein.
Dr. Raschzok, Sie nutzen Maschinenperfusion für die Aufbereitung von Spenderorganen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Dr. Nathanael Raschzok: Die Maschinenperfusion ist eine nicht mehr ganz so neue Entwicklung in der Organtransplantation, vor allem in der abdominellen Organtransplantation. Sie war zu Beginn der Organtransplantation schon für die Leber versucht worden. Allerdings wurde die maschinelle Perfusion dann erst mal zurückgestellt, weil die Lagerung der Organe auf Eis, in kalter Konservierungslösung gut, günstig und einfach war und nach wie vor ist.
Vor etwa fünfzehn Jahren wurde in der Nierentransplantation dann zunächst die hypotherme Maschinenperfusion international etabliert. Das heißt, die Organe werden im Regelfall im Entnahmezentrum an eine Perfusionspumpe angeschlossen, mit kalter Konservierungslösung durchspült und so vom Entnahmezentrum in das Transplantationszentrum gebracht. Ich sage ganz bewusst international, weil das etwas ist, was in Deutschland aus verschiedenen Gründen nicht standardmäßig implementiert, aber im Rahmen von Studien überprüft wurde.
Im Hinblick auf die Niere ist das Feld in Bewegung. In unserer Klinik wird die kalte und warme Perfusion in einer prospektiv randomisierten Studie verglichen (NCT04644744). Bei der kalten (hypothermen) Perfusion werden die Organe mit einer Konservierungslösung durchspült. Bei der warmen (normothermen) Perfusion wird eine anders konfigurierte Perfusionslösung verwendet, die Sauerstoffträger enthält. Im Regelfall sind das rote Blutkörperchen von Spendern. Dabei können die Organe oxygeniert werden. Wenn sie dann bei 37 Grad durchblutet oder durchspült werden, sind sie metabolisch aktiv. Es wird postuliert, dass dadurch das Ergebnis nach Transplantation verbessert wird.
Auch bei der Leber fand in den letzten zehn Jahren eine ähnliche Entwicklung statt. Zunächst wurde auch die hypotherme Perfusion mit Konservierungslösung etabliert. Dann kam im nächsten Schritt die hypotherme oxygenierte Perfusion "HOPE" dazu. Das wurde primär für marginale Organe entwickelt und genutzt. Das heißt für Organe von Spendern, die Einschränkungen beziehungsweise Vorerkrankungen haben und bei denen ein schlechteres Ergebnis bei der Transplantation zu erwarten ist als von Standardorganen. Letztendlich wurde auch der Entwicklungsschritt von hypothermer in Richtung normothermer Perfusion gegangen. Das wird international genutzt, in Deutschland und an unserer Klinik in Studien angewandt.