Prof. Brandacher, Sie sind kürzlich von der Johns-Hopkins-Universität in den USA an die Medizinische Universität Innsbruck zurückgekehrt. Könnten Sie uns etwas über Ihre Forschungsprojekte und insbesondere über die längerfristige Konservierung von Organen berichten?
Prof. Gerald Brandacher: Eines unserer Hauptforschungsziele ist die Entwicklung einer hochspezialisierten Kühltechnik, die es ermöglicht, Organe längerfristig zu konservieren. Das Einfrieren oder Kühlen der Organe war schon immer möglich, jedoch stieß die Forschung auf das Problem der Eisbildung beim Auftauen.
Diese Eisbildung führte zu Zellschäden und Gewebsschädigungen, was die Lagerung von Organen bei ultratiefen Temperaturen nahezu unmöglich machte. Doch in den letzten Jahren wurden bedeutende Fortschritte erzielt, um diese Eisbildung zu verhindern oder zumindest zu minimieren.
Die Natur diente dabei als Inspiration für diese Entwicklung. Verschiedene Tierarten, wie Fische, Frösche und andere Überlebenskünstler in extrem kalten Umgebungen, haben die Fähigkeit, protektive Proteine zu generieren. Diese Proteine verhindern die Eisbildung und schützen die Organe vor Schäden. Forschende konnten diese Proteine nun chemisch synthetisieren und therapeutisch einsetzen.
Können Sie uns mehr über die Technologie der Kältekonservierung erklären und wie sie angewendet wird?
Brandacher: Die Technologie der Kältekonservierung, die wir erforschen, beinhaltet Supercooling und Vitrifikation, bei denen Organe ohne Bildung von Eis konserviert werden. Dies ermöglicht die Lagerung von Organen über Tage, Wochen oder sogar Monate. Diese Methoden werden bereits in der Reproduktionsmedizin zur Konservierung von Embryonen und Eizellen eingesetzt.
Die Temperatur spielt dabei eine entscheidende Rolle. Mit der Absenkung auf ultratiefe Temperaturen von etwa -150 Grad Celsius tritt das Gewebe in ein sogenanntes Glasstadium ein, in dem es unbegrenzt gelagert werden kann.
Unser Fokus liegt derzeit jedoch auf einem wahrscheinlich praktikableren Ansatz, mit einem Temperaturbereich zwischen -5 und -10 Grad. Hierbei lassen sich Organe komplett ohne Eisbildung transportieren durch die Anwendung kryoprotektiver Peptoide. Wir glauben, dass es mit dieser Technologie möglich sein wird, zwischen drei und zehn Tagen Zeit zu gewinnen. So ließen sich Organe weltweit austauschen.