In diesem MEDICA.de Interview erläutert Dr. Achim Ehrt, in welchen Situationen der Einsatz eines POCUS hilfreich ist und wie sich die Technik zurzeit und in den nächsten Jahren weiterentwickelt.
Dr. Ehrt, in welchen Situationen ist ein Point-of-Care-Ultraschall (POCUS) notwendig?
Dr. Achim Ehrt: Zunächst muss man zwischen innerklinischem und präklinischem Einsatz differenzieren. Im innerklinischen Einsatz ist der POCUS auf der Intensivstation, allen anästhesiologischen Bereichen und in der innerklinischen Notfallmedizin gang und gäbe, weil dadurch viele Fragestellungen schnell, bettseitig und ohne große Transportwege beantwortet werden können.
In der präklinischen Medizin ist die Frage nach der Notwendigkeit schwieriger zu beantworten: Hier muss man sich immer die Frage stellen, ob der Einsatz eher zu einer zeitlichen Verzögerung beiträgt, weil durch die Sonografie vor Ort Zeit verspielt wird, oder ob sie tatsächlich eine therapeutische Relevanz für den Patienten hat. Wenn ein Patient nach einem Verkehrsunfall beispielsweise sowieso in das naheliegende Schwerpunktversorgungskrankenhaus transportiert wird, wäre eine präklinische Sonografie an der Stelle nur ein Zeitfresser.
Nichtsdestotrotz ist ein POCUS in meinen Augen bei jedem Patienten, der vital bedroht ist, extrem wichtig, weil Fragestellungen schnell beantwortet werden können, bei denen man früher intensive Diagnostiken (CT, Röntgen) gebraucht hätte.
Warum nimmt der POCUS einen immer höheren Stellenwert ein?
Ehrt: In meinen Augen ist der überwiegende Grund, dass die Ultraschallgeräte immer kleiner, besser und leistungsfähiger werden und auch die Bilder besser werden. Früher war ein Sonografiegerät groß wie ein Kühlschrank, stand im Ultraschalllabor und war nicht zu transportieren. Mittlerweile sind die Geräte transportabel und die Akkuleistung reicht aus, um sie eine Dreiviertelstunde am Stück zu betreiben.
Die neueste Innovation in der Hinsicht ist ein Ultraschallkopf, der mit einem Smartphone oder Tablet gekoppelt wird und dann portabel wie ein Stethoskop ist. Das ist in meinen Augen der entscheidende Punkt, warum der POCUS zunimmt: Weil die Geräte verfügbarer und günstiger werden, sodass auch kleinere Kliniken sie sich leisten können. Dadurch steigt die Menge derer, die sich in Kursen fortbilden lassen. Es kommt eins zum anderen: Je mehr Begeisterte man für das Thema hat, desto mehr Geräte werden angeschafft, und je mehr Geräte angeschafft werden, desto mehr Leute lassen sich fortbilden – ein schöner Kreislauf.
Wird dafür eine andere Technik benötigt als schon im Krankenhaus steht oder braucht es neue Geräte?
Ehrt: Die Technik ist gleich, wird aber immer kompakter verbaut, die Geräte werden durch leistungsfähigere Chips immer kleiner und der alte Schrank hat ausgedient. Die Schallköpfe sind nach wie vor so gebaut, dass piezoelektrische Elemente die Schallwellen erzeugen beziehungsweise die reflektierten Schallwellen in Strom umwandeln.
Eine Firma hat jetzt jedoch einen neuen Ultraschallkopf entwickelt, der die Schallwellen mit der Platine erzeugt, sodass sie mit einem Schallkopf sämtliche Schallkopfvarianten simulieren können. Wenn diese Technik sich weiterverbreitet und so gut funktioniert, wie die Tests bisher zeigen, revolutioniert das die ganze Sache natürlich noch einmal, weil dann nur noch einen Schallkopf am Gerät benötigt wird und nicht mehr drei, wie es momentan bei den verbreiteten POCUS-Geräten ist.