Welche Parameter misst das Gerät genau?
Kaniusas: Es werden im Wesentlichen fünf physische Parameter erfasst. Einer davon ist zum Beispiel, wie lange der Patient die Luft angehalten hat. Wenn jemand die Luft für mehr als 60 Sekunden anhalten kann, gehen wir davon aus, dass die regulatorische Fitness vorliegt – denn der Körper kann scheinbar mit Apnoen, d.h. mit der inneren Disbalance, gut umgehen. Bei den meisten Patienten ist das aber eher nicht der Fall. Um das genauer messen zu können, betrachten wir die periphere Wasserkonstriktion, also, inwiefern die Gefäße in der Peripherie während der Apnoe eingeengt wurden. Wenn diese Einengung stark genug ist, heißt das, dass der sogenannte Taucherreflex beziehungsweise die regulatorische Fitness, um den Mangel an Sauerstoff für die zentralen Organe auszugleichen, vorliegt.
Weiterhin messen wir die arterielle Sauerstoffsättigung: Wenn während der Apnoe der Sauerstoffgehalt nicht allzu sehr absinkt, liegt die Fitness ebenfalls vor. An der Sauerstoffsättigung merken wir, ob der Körper mit der Situation umgehen kann.
Dann gibt es die Herzratenschwankung: Wenn man die Luft anhält, tritt meisten eine Bradykardie ein, das heißt, die Herzrate sinkt um den Sauerstoffverbrauch im Herzen zu reduzieren; wenn dieses Absinken prominent genug ist, ist das ein weiterer Punkt für die Fitness.
Zum Schluss messen wir die Blutdruckänderung. Aus diesen vier Parametern sowie der angehaltenen Luft wird dann eine Art gewichteter Index errechnet. Dieser schaltet nicht nur eine Ampel-Anzeige (grün-gelb-rot), sondern gibt zusätzlich einen Zahlenwert von null bis hundert an – danach kann sich der Anästhesist richten, um festzustellen, ob der Patient risikobehaftet ist.
Welche Risiken werden durch diese Erkenntnisse minimiert?
Kaniusas: Es geht vor allem um die kardiovaskulären und pulmonalen Risiken, denn die regulatorische Fitness bezieht sich genau darauf. Wenn ein Patient während der OP zum Beispiel Blut verliert, dann muss das kardiovaskuläre System diesen Verlust natürlich durch Nachregelung kompensieren. Diese Fähigkeit zur Kompensation erfassen wir vor der OP mittels dieses milden Stresses der angehaltenen Atmung.
Ich vergleiche das gerne mit einem Kernkraftwerk: Um ein Kernkraftwerk zu testen lässt man es ja nicht explodieren oder anhalten, sondern man destabilisiert es ganz milde. Und dann schaut man, wie gut das Kraftwerk wieder in den Normalzustand zurückkehrt. Ähnliches machen wir hier beim Menschen idem wir ihn kurz aus der Balance bringen.