Wann und wie ist der Einsatz des daVinci-Systems sinnvoll?
Bolenz: Besonders in der Beckenchirurgie ist das daVinci-System sicherlich von großem Vorteil und hat sich auch schon weitestgehend als Standardmethode durchgesetzt. Speziell bei Operationsgebieten, die sehr tief und sehr beengt liegen, wie zum Beispiel bei einem Enddarmkarzinom oder bei einem Prostatakarzinom, das entfernt werden soll und wo wir auch wieder rekonstruieren müssen, ist der Einsatz sinnvoll. Die rekonstruktive Komponente bei so einer Operation ist das entscheidende Kriterium für den Einsatz eines daVinci-Systems. Wenn ein Chirurg in der Tiefe näht, braucht er viele Freiheitsgrade, um die Nadel gut führen zu können. Bei der radikalen Entfernung der Prostatadrüse hat sich die Operationsmethode am schnellsten etabliert.
Wie werden die Operateure auf den Umgang mit Robotik vorbereitet?
Bolenz: Es gibt strukturierte Ausbildungskonzepte, die auch zunehmend von den Fachgesellschaften vereinheitlicht werden. Die Konzepte setzten meistens voraus, dass schon eine gewisse operative Erfahrung in der offenen Chirurgie vorhanden ist, bevor die Operateure dann über verschiedene Modelle und Simulatoren an die Methode herangeführt werden.
Die Firma Intuitive Inc., die das daVinci-System vertreibt, bietet ein strukturiertes, teilweise online-basiertes Ausbildungskonzept an. Dieses reicht über verschiedene theoretische Fortbildungen bis hin zum Simulator. Es geht über Operationen am Schwein hin zur Operation am Menschen, die aber immer unter Supervision eines Experten durchgeführt werden.
Hier wird im Moment auch von der Deutschen Gesellschaft für roboterassistierte Urologie ein Curriculum aufgesetzt, das eine entsprechende Zertifizierung erlaubt, welche nachweist, dass man strukturiert durch ein Trainingsprogramm gegangen ist.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Roboter nichts allein und autonom macht, sondern dass dieses roboterassistierende System ein Hochpräzisionsinstrument ist und damit auch nur das leisten kann, wozu der Operateur imstande ist.
Wo liegen Risiken bei roboterassistierten Operationen?
Bolenz: Konkrete höhere Risiken im Vergleich zu einer offenen Operation sehe ich nicht. Es gibt zwar bestimmte Kontraindikationen, wenn jemand beispielsweise eine schwere Herzschwäche hat, eine schwere Lungenerkrankung oder massive Voroperationen im Gebiet, wo die Schlüssellochtechnik angewendet werden soll. Dann ist das häufig ein Gegenargument robotisch zu operieren. Es ist eher die Frage, inwiefern man sich das flächendeckend leisten kann und will. Ich denke, das Risiko ist eher, dass es unkritisch bei allen Operationen eingesetzt wird, obwohl es nicht bei allen Operationen signifikant vorteilhaft sein muss. Nur bei den Patienten und Operationen, wo sie wirklich Vorteile bringt, sollte die minimal-invasive roboterassistierte Chirurgie eingesetzt werden.