Woher stammt die Idee zu Ihrem System?
König: Die Idee kommt aus dem Jahr 2013, als ich in den USA als Forscher arbeitete und dort eine Publikation in die Hand bekam, die so viel sagte wie: "Frühmobilisierung auf der Intensivstation ist super, aber wir können es uns nicht leisten, wir haben nicht genug Leute, wir brauchen fünf Personen für so eine Therapie."
Für diese Publikation waren aber auch schon Personen therapiert worden. Manuell, mit großem Aufwand und großen finanziellen Ressourcen. Die Ergebnisse waren durchschlagend. Die Therapie führte zu signifikant kürzeren Liegezeiten, kürzerer Beatmungsdauer, sowie weniger sekundären Komplikationen. Dadurch war die Idee für unsere robotische Technologie geboren.
Welche Aufgaben übernimmt die KI in ihren Geräten?
König: Im Standard-Operating-Modus des Systems würde der Roboter mit der Patientin oder dem Patienten eine Übung durchführen. Das heißt, wenn sie an der Bewegungstherapie selbst teilnehmen können, dann ist es gut, aber der Roboter würde trotzdem seine vorgegebene Bahnkurve abfahren. Die kann von außen durch die Pflegekraft beeinflusst werden. Die zu pflegende Person hat dann aber relativ wenig Einflussnahme.
Zwei Elemente erweisen sich als vorteilhaft für Patientinnen und Patienten, egal in welchem Stadium der Genesung sie sich befinden. Das eine ist, dass sie aktiv an ihrer Therapie teilnehmen. Wir wollten befördern, dass Patientinnen und Patienten sich wirklich aus eigener Partizipation bewegen und der Roboter nur die richtige Menge an Kraft zur richtigen Zeit in die richtige Richtung zur Verfügung stellt. Das nennen wir "Assist as Needed". Dies ist ein wichtiger Faktor, denn wenn ich mich selbst ein bisschen mehr an meiner Therapie beteilige, dann ist die Therapie potenziell besser.
Der zweite Faktor ist, besonders für neurologische Patientinnen und Patienten, also Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Querschnittssyndrom, die Intention zu generieren, sich bewegen zu wollen. Das scheint eine zentrale Rolle in der Erholung zu spielen. Zu sagen: "Ich möchte jetzt loslaufen!" und dann auch wirklich loslaufen zu können, treibt ganz viele Erholungsprozesse. Die zu behandelnde Person möchte oft und erzeugt vielleicht, ich sage jetzt mal, eine kleine Regung, aber es reicht halt nicht zum wirklichen Bewegen. Das sind Dinge, die der Roboter sofort registriert und dann, wieder mit der richtigen Menge an Unterstützungskraft in die richtige Richtung zur richtigen Zeit, die zu behandelnde Person unterstützt.
Das heißt, unsere Intelligenz, die wir entwickelt haben, stellt sich individuell auf die Fähigkeiten ein und das sofort. Sie adaptiert auch kontinuierlich im Laufe einer Therapie. Zum Beispiel, wenn die Patientin oder der Patient schwächer wird oder mal eine Pause braucht. Die Maschine wird dadurch ein intelligenter, mitwirkender Partner der Physiotherapeuten.
Wie kann eine Weiterentwicklung Ihres Systems aussehen oder haben Sie vielleicht andere Produkte geplant?
König: Das geht in zwei Richtungen. Das eine ist die Weiterentwicklung des Existierenden. Da sind wir natürlich dran. Ich denke, wir können etwas, was niemand anders kann. Wir können Daten vom aktuellen Erholungszustand unserer Patientinnen und Patienten gewinnen. Denn die Hypothese ist, je besser sie sich selbst kontrolliert bewegen können, desto besser geht es ihnen. Je mehr Eigenaktivität sie aufbringen können, desto besser ist der Erholungsfortschritt. Wir sind in der Lage, das digital zu machen und hier ist personalisierte Therapie eine große Stoßrichtung, in die wir gehen. Das heißt also, hier weitere Datenstrukturen aufzubauen und gegebenenfalls auch von früheren Therapien zu lernen und zu wissen: "Hey, ich habe doch schon mal jemanden 'gesehen', der ähnlich ausschaute. Wie wäre es denn mit folgendem Interventions-Paradigma?" Das heißt, individualisierte datenbasierende Therapie ist ein Thema.
Das zweite Fokus, den wir verfolgen ist natürlich, dass wir über die Intensivstation hinaus gehen wollen, denn Bewegung bestimmt unser gesamtes Leben. Bewegung bedeutet Autonomie und die wollen wir auch außerhalb der Intensivstation fördern. Deswegen arbeiten wir unter anderem auch an einem Gerät für die Heimpflege oder auch für das eigene Zuhause, sodass man dort in der Lage ist, die Autonomie zu erhalten.
Abschließend, wie hat Ihnen der Aufenthalt auf der MEDICA gefallen?
König: Es war sehr anregend, mal wieder unter Menschen zu sein. Es war beeindruckend zu sehen, was es alles an verschiedenen Technologien gibt. Man kommt sehr schnell in seine eigene Bubble, ist dann da gefangen und dann gibt es nichts anderes mehr außer die Intensivstation und die Therapie.
Es ist immer wieder wichtig, auf Messen zu gehen und sich dort von verschiedensten Fachrichtungen, die die Medizin zu bieten hat, inspirieren zu lassen. Die MEDICA ist ein hervorragendes Forum den Horizont zu erweitern! Ich war sehr froh, mal wieder draußen zu sein. Düsseldorf ist sowieso auch immer eine Reise wert.