Im Interview mit MEDICA.de erklärt uns Prof. Jürgen Popp, warum bei der klassischen Schnellschnitt-Diagnostik häufig Tumorgewebe übersehen wird, welche drei Bildgebungstechniken das neue Diagnostikverfahren kombiniert und wie die Krebsversorgung in zehn Jahren aussieht.
Prof. Popp, wie läuft die Entfernung eines Tumors herkömmlicherweise ab? Inwiefern gibt es hier Verbesserungsbedarf?
Prof. Jürgen Popp: Ich möchte mich hier insbesondere auf den Kopf-Hals-Bereich beziehen. Ein ausgebildeter Tumor ist für den Operateur relativ einfach zu identifizieren und zu entfernen. Das größere Problem ist, den Tumorrand zu erkennen. Im Kopf-Hals-Bereich kommt es durch verschiedene Umwelteinflüsse – also Ernährung, Alkoholkonsum oder Rauchen – oftmals auch zu Entzündungen um den Tumor oder an anderen Stellen der Schleimhaut. Diese sind von einem entstehenden Tumor schwierig zu unterscheiden. In vielen Fällen wird daher eine Schnellschnitt-Diagnostik gemacht. Dafür werden Biopsien genommen, schockgefroren, geschnitten und Hämatoxylin-Eosin-(HE)-gefärbt. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei der klassischen Schnellschnitt-Diagnostik Tumorgewebe übersehen, ist jedoch groß. Das liegt daran, dass diese Art der Färbung am gefrorenen Material nicht so gut ist wie die, die in einer Histopathologie gemacht wird. Bei dieser wird nämlich die Biopsie in Formalin eingebettet, bevor sie geschnitten und gefärbt wird. Diese Einbettung in Formalin führt zu ganz anderen und besseren Färbeergebnissen. Allerdings muss die Biopsie dafür erst eingeschickt und in der Pathologie ausgewertet werden, was etwa zwei bis acht Tage dauert. Das führt leider dazu, dass ungefähr 15 bis 20 Prozent aller Patienten nach einer Tumorentfernung noch einmal in die Klinik kommen müssen, weil festgestellt wurde, dass noch Tumorgewebe vorhanden ist. Das ist zum einen natürlich eine enorme emotionale Belastung für den Patienten. Zum anderen vernarbt das Gewebe innerhalb von ein bis zwei Wochen nach dem Eingriff, was eine Lokalisierung des Tumorortes zusätzlich erschwert. Wir benötigen also eine Schnellschnitt-Diagnostik mit einer möglichst geringen Fehlerquote.