Dank intensiver Vorbereitungen konnte der Kinder-Intensivtransportdienst im Januar 2022 seine Arbeit aufnehmen und blickt nach zwölf Monaten bereits auf 84 Transporte zurück, bei denen – in Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst Dresden und der DRF Luftrettung – Kinder vom Säuglings- bis Jugendlichenalter entweder aus einem der 15 Partnerkrankenhäuser ins Uniklinikum oder in eine andere Spezialklinik verlegt wurden. Die Transporte erfolgten mit dem Hubschrauber oder einem Rettungswagen.
"Mit dem Kinder-Tele-Intensivnetzwerk Sachsen kommen wir einen wichtigen Schritt voran, um in Sachsen eine bestmögliche Versorgung der Menschen aller Altersstufen flächendeckend sicherzustellen“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. "Entscheidend dabei ist, dass wir auf die Partnerschaft der beteiligten Krankenhäuser ebenso setzen können, wie auf die finanzielle wie ideelle Unterstützung des Freistaats Sachsen.“ Das Netzwerk wurde als Vorreiterprojekt ins Leben gerufen, um eine bundesweit bestehende Versorgungslücke zu schließen. Bisher gibt es zwar Infrastrukturen und eine entsprechende Finanzierung des Transports intensivpflichtiger Neugeborener und Erwachsener von einem Krankenhaus zum anderen. In den Altersgruppen zwischen Säuglingen, die älter als 28 Tage sind, und Patientinnen und Patienten bis zum 18. Geburtstag, klafft jedoch eine Lücke. Mit dem "Kinder-Intensivnetzwerk Sachsen“ – KIdS – wird diese geschlossen. Dabei ist der Kinder-Intensivtransportdienst eines von vier Modulen. Ansatzpunkt ist, dass zahlreiche regionale pädiatrische Kliniken Kinder und Jugendliche im ländlichen Raum Sachsens auf dem Level der Grund- und Regelversorgung bestens behandeln können, jedoch keine intensivpflichtigen Mädchen und Jungen. Der Grund dafür ist, dass diese Klinken über keine auf Kinder spezialisierte Intensivstation verfügen. Ebenso fehlte vor Beginn des Pilotprojekts eine Transportstruktur für pädiatrische Interhospitalverlegungen.
"Wir wollen die Partnerkliniken bei der Versorgung schwer kranker Kinder unterstützen. Dafür bauen wir im Rahmen des Netzwerks das Angebot telemedizinischer Notfall-Konsile auf. Es geht nicht darum, jedes kritisch kranke Kind sofort in ein höherspezialisiertes Krankenhaus zu verlegen“, sagt Prof. Sebastian Brenner, ärztlicher Leiter des KIdS. "Vielmehr möchte das Netzwerk dazu beitragen, so viele Kinder wie möglich nah bei ihren Familien zu versorgen.“ Für die telemedizinischen Notfall-Konsile wird gerade die technische Infrastruktur etabliert, was aufgrund der unterschiedlichen Systeme in den einzelnen Krankenhäusern mit einem größeren Zeitaufwand verbunden ist. Die ersten Partnerkliniken wurden im Dezember 2022 und im Januar dieses Jahres mit dem am Dresdner Uniklinikum aufgestellten System verbunden, weitere werden in den nächsten Wochen und Monaten folgen.
In Vorbereitung auf den Beginn des Projektes, das durch das Land Sachsen vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2024 unterstützt wird, sind Voraussetzungen geschaffen worden, um das Modul "Kinderintensivtransport", zeitnah umsetzen zu können. So wurde ein Rufbereitschaftsdienst durch das für Kinder-Intensivmedizin spezialisierte Team aus Ärzten und Pflegefachkräften der Kinder-Intensivstation des Uniklinikums aufgebaut. Weiterhin wird für den Transportdienst eine für die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen angepasste Ausstattung – etwa ein Notfall-Rucksack mit pädiatrischen Medikamenten, Instrumenten und anderen Materialien, ein spezielles Beatmungsgerät, eine aufgerüstete Stryker-Power-Load-Trage, ein Kinder-Rückhaltesystem sowie bei Bedarf eine Vakuummatratze für Kinder – vorgehalten. Dieses Equipment kann das spezialisierte Team für die Transporte im Hubschrauber oder einem Rettungswagen nutzen, da diese nicht in diesem Umfang für die intensivmedizinische Versorgung von Kindern ausgestattet sind. – Seit dem 1. Januar 2022 steht der Kinderintensivtransportdienst nun 365 Tage im Jahr rund um die Uhr als eine Maßnahme des Gesamtprojektes zur Verfügung, um die Versorgung kritisch kranker Kinder gemeinsam mit den Partnerkliniken nachhaltig sicherzustellen.
Zur Entscheidung, ob ein Kind in ein anderes Krankenhaus verlegt werden muss, sowie auch direkt bei seiner Übernahme durch das Dresdner Transportteam ist ein genauer Informationsaustausch zu den medizinischen und pflegerischen Aspekten notwendig. "Es ist wichtig, dass alle eine Sprache sprechen“, so Prof. Brenner. Deshalb gehört zu dem Kids-Projekt auch ein Weiterbildungsmodul, in dem das Vorgehen bei Kinder-Notfällen praxisnah simuliert und trainiert wird – ohne und mit telemedizinischer Unterstützung. Aktuell haben bereits die Hälfte der im Rahmen des Pilotprojekts finanzierten EPALS-Kurse (European-Paediatric-Advanced-Life-Support-Provider Kurs) stattgefunden. Insgesamt werden 216 Mitarbeitende der Pflege und des ärztlichen Diensts aus allen am KIdS beteiligen Kinderkliniken geschult.
Neben dem vor Ort fehlenden pädiatrischen Equipment für Notfalltransporte gibt es weitere Gründe, weshalb die Kinderkliniken solche Fahrten nicht selbst mit zwei Fachkräften begleiten können. "Dazu wären wir personell und fachlich gar nicht in der Lage“, sagt Dr. Ulf Winkler. Der Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Krankenhaus Bautzen wünscht sich das KIdS-Projekt bereits seit Jahren: "Als Klinik der Grund- und Regelversorgung haben wir zum Glück nur selten mit so schweren Erkrankungen zu tun – müssen aber dennoch gut darauf vorbereitet sein.“ Dafür helfen die Kurse, die jedoch den geringen Erfahrungsschatz nicht kompensieren können – etwa in dem Fall, dass sich ein Kind dramatisch verschlechtert. Hier kann das Dresdner Kinderintensivteam telemedizinisch unterstützen während sich das Transportteam auf den Weg zum Patienten bzw. zur Patientin macht.
MEDICA.de; Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden