Mobiles MRT: Gates Foundation fördert weltweit erste Untersuchungen bei Kindern unter ECMO

Als erstes Klinikum weltweit hat das Universitätsklinikum Bonn (UKB) Kinder, die eine ECMO-Therapie erhalten, mit einem mobilen Magnetresonanztomographen (MRT) untersucht und überwacht. Möglich wurde dies durch eine Förderung der Bill-Gates-Stiftung.

Prof. Hemmen Sabir erklärt im Gespräch mit MEDICA.de, warum der Einsatz des mobilen MRT für die kleinen ECMO-Patientinnen und -Patienten von so großer Bedeutung ist.

Herr Prof. Sabir: Was ist die ECMO-Therapie?

Prof. Hemmen Sabir: Bei der ECMO – der extrakorporalen Membranoxygenierung – wird das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert. Es ist ein Verfahren für Patientinnen und Patienten, die eine künstliche Lunge und/oder Herz brauchen. Es gibt zwei Formen der ECMO. Zum einen die Form, die Herz und Lunge unterstützt, zum anderen die, die die Lunge unterstützt, wie wir sie bei uns hier am UKB Bonn in der Neonatologie anwenden.

Kinder, die dieses Verfahren benötigen, können nur an einem speziellen Behandlungszentrum wie unserem Kinder-ECMO-Zentrum therapiert und dabei engmaschig überwacht werden. Wir sind auf diesem Gebiet führend und behandeln sowohl Neugeborene als auch ältere Kinder.

Warum brauchen Ihre kleinen Patientinnen und Patienten die ECMO?

Sabir: Sie sind alle schwer krank, leiden beispielsweise an Lungenversagen, an Herzversagen, an schweren allgemeinen Infektionen oder haben ein Loch im Zwerchfell. Ihnen kann durch medikamentöse Unterstützung und ein konservatives Beatmungsgerät allein nicht geholfen werden.

Wie muss man sich die ECMO bei so jungen Patienten vorstellen?

Sabir: Das Blut aus dem Körper wird über eine Kanüle in einer Vene in die ECMO-Maschine geleitet, wo es mit Sauerstoff angereichert wird. Nach der Sauerstoffanreicherung wird das Blut dem Körper über eine zweite Kanüle wieder zugeführt.

Während Erwachsenen bei der ECMO-Therapie ein Schlauch für den Transport des Blutes im Bereich der Leiste eingeführt wird, liegt der Zugang bei den Kindern häufig am Hals. Die Patientinnen und Patienten müssen sehr vorsichtig bewegt und der Schlauch am Hals darf nur minimal bewegt werden.

Die Kinder sind sediert, damit sie ruhig schlafen und keine Schmerzen haben.

Was macht die Untersuchung mit dem mobilen MRT während der ECMO so bedeutsam?

Sabir: Die ECMO hat grundsätzlich eine gewisse Komplikationsrate. Damit das Blut außerhalb des Körpers durch die Plastikschläuche fließen kann, muss es zum Beispiel verdünnt werden. Das birgt für unsere sensiblen Patientinnen und Patienten das Risiko für Hirnblutungen oder Schlaganfälle.

Bislang konnten wir sie während der ECMO nicht ausreichend überwachen und hatten vor allem keine Form der Bildgebung, die uns eine sichere Diagnostik, zum Beispiel von Hirnblutungen, ermöglicht. Denn wir können die Kinder nicht mit der ECMO ins MRT fahren, sie mehrfach umlagern und möchten sie auch nicht der Strahlenbelastung eines CT aussetzen. Das wäre zu riskant.

Wenn sie also eine Hirnblutung erleiden, kann es sein, dass wir das zu spät erkennen. Mit dem mobilen MRT jetzt eine Möglichkeit der Bildgebung auf Station zu haben, ist eine Revolution im Neuro-Monitoring.

Aber ist die Idee des mobilen MRT auf Station denn neu?

Sabir: Nein, die Idee ist nicht neu. Aber der Einsatz in einem intensivmedizinischen Setting war bislang aufgrund der Magnetfelder unmöglich. Das neue mobile MRT von Hyperfine erzeugt nur ein minimales Magnetfeld und stört so die anderen Apparaturen nicht. Es ist in den USA bereits zugelassen und wir können es dank der Förderung durch die Bill-Gates-Stiftung, die 20 der Geräte gekauft hat, seit einem halben Jahr in der Diagnostik bei Früh- und Neugeborenen erstmals weltweit klinisch erproben.

Primär ist es für die rasche Bildgebung bei Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten in entlegenen Regionen entwickelt worden. Europaweit wird außerhalb von Bonn bislang nur ein anderes Gerät zu Forschungszwecken in London eingesetzt.

Wie viele Kinder konnten Sie schon untersuchen?

Sabir: Wir haben, seitdem wir das Gerät haben, über 25 Kinder im mobilen MRT gescannt. Das Jüngste wog nur 450 Gramm, das Älteste war bereits zehn Jahre alt. Wir haben das mobile MRT bei Routine-Untersuchungen und zur weiteren Diagnostik von Auffälligkeiten, zum Beispiel nach Sauerstoffmangel bei der Geburt, eingesetzt.

Zur Auswertung der Bildqualität des mobilen Niedrigfeld-MRT wurde bei jedem der untersuchten Kinder ein Vergleichsbild im stationären Normalfeld-MRT gemacht. Mit den Ergebnissen waren wir mehr als nur zufrieden. Die Bildqualität des mobilen MRTs ist zwar nicht so hochauflösend wie die eines feststehenden Geräts, für die Notfalldiagnostik sind die Bilddaten aber ideal und vor allem sofort abrufbar. Wir konnten Hirnblutungen, Schlaganfälle oder Veränderungen, wie die Aufstauung von Hirnwasser, bei den bisher untersuchten Kindern feststellen und die entsprechenden Therapien umgehend einleiten.

Zudem konnten wir bei vier pädiatrischen ECMO-Patientinnen und -Patientin – bei einem Neugeborenen, bei einem zweijährigen, einem neunjährigen und einem zehnjährigen Kind –zeigen, dass die Bildgebung mittels mobilem MRT problemlos möglich ist, ohne die Lage der Halskanüle zu verändern. Bei einem der Kinder konnte wir eine große Hirnblutung diagnostizieren und umgehend behandeln.

Der Einsatz des mobilen MRT ist mit so wenig Aufwand umzusetzen, es ist eine Revolution und eine Riesen-Entlastung für alle – die Kinder, ihre Eltern, unser Pflegepersonal und uns Medizinerinnen und Mediziner.

Alles, was mich als Intensivmediziner in einer Akut-Situation interessiert, wie zum Beispiel, ob eine Blutung vorliegt oder ob sich Hirnwasser angestaut hat, lässt sich mit dem mobilen MRT bei Patientinnen und Patienten, bei denen eine andere Form der Bildgebung nicht machbar wäre, unmittelbar exzellent beantworten.

Wo sehen Sie die Zukunft des mobilen MRT?

Sabir: Theoretisch könnte es in jeder Hausarztpraxis stehen. Es nimmt nicht viel Platz weg und verbraucht nicht mehr Strom als eine Kaffeemaschine.