Die Ergebnisse ebnen den Weg für hochsensitive molekulare Magnetresonanz-Bildgebung mit zielgerichteten Kontrastmitteln und haben das Potenzial, die Anwendungsbereiche in der medizinischen Diagnostik erheblich zu erweitern.
Ein Forschungsteam des DWI – Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien und des Instituts für Technische und Makromolekulare Chemie an der RWTH Aachen University hat mittels eines kreativen Ansatzes gezeigt, dass noch viel Potenzial in der Anwendung von PHIP steckt: Ihnen ist es erstmals gelungen, ein zielgerichtetes DNA-Molekül aus dem Labor, welches spezifisch Krebszellen ansteuert, mit einem hyperpolarisierbarem Marker auszustatten und dessen Magnetresonanz-Signal um mehrere Größenordnungen zu verstärken. Hierbei diente para-Wasserstoff als Hyperpolarisierungs-Quelle, die an den Marker gebunden ist. Noch nie zuvor wurde DNA hyperpolarisiert, weshalb diese Arbeit, geleitet von Prof. Dr. Andreas Herrmann, Prof. Dr. Jürgen Klankermayer und Dr. Meike Emondts, den Grundstein für weitere Forschung in dem Bereich bildet. Diese modifizierten DNA-Moleküle zeigen gute Voraussetzungen für die Anwendung als Kontrastmittel in der molekularen Bildgebung: Einerseits lassen sich die DNA-Moleküle so wählen, dass sie bestimmte Zellen oder Pathogene gezielt ansteuern und andererseits löst die signifikante Signalverstärkung das Problem der üblicherweise geringen Signalintensität von molekularer Magnetresonanztomografie (MRT). Damit diese neue Methode zukünftig für klinische Anwendungen in Frage kommt, muss die Lebensdauer der Hyperpolarisierung noch verlängert und eine effiziente Aufreinigungsmethode der DNA nach der Reaktion mit para-Wasserstoff entwickelt werden. Dies sind Bestreben von laufender und zukünftiger Forschung.
Das langfristige Ziel des Teams besteht darin, die hier vorgestellte Technologie in der medizinischen Diagnostik durch weitere Forschungsarbeiten anwendbar zu machen, um hochsensitive molekulare MRT zu ermöglichen. Die Fähigkeit MRT-Signale signifikant zu verstärken, eröffnet das Potenzial, Anomalien auf Zellebene noch früher erkennen zu können und somit die Behandelbarkeit zu verbessern. Da bei der neuen Methode die Signalintensität unabhängig von der magnetischen Feldstärke ist, wäre in Zukunft die Verwendung von portablen, kostengünstigen MRT-Scannern zur molekularen Bildgebung denkbar. Dadurch würde sich die Anwendbarkeit deutlich verbessern und neue Möglichkeiten, wie beispielsweise molekulare MRT während einer Operation, würden erschlossen werden.
Medizinische Bildgebungsverfahren ermöglichen es Ärztinnen und Ärzten den inneren Zustand des Körpers zu visualisieren und potenzielle Anomalien oder Krankheiten zu erkennen. So können sie durch die Nutzung von Bildgebungstechniken wie Röntgen, Computertomographie (CT), MRT oder Ultraschall Tumore, Frakturen, Infektionen, Verletzungen und andere gesundheitliche Probleme identifizieren. Aber auch in Vorbereitung auf bevorstehende Behandlungen oder zur Verlaufskontrolle können diese Technologien helfen einen auf den Patienten zugeschnittenen Behandlungsplan zu erstellen und Eingriffe präziser zur planen. Nicht zuletzt spielen Bildgebungsverfahren auch bei der Früherkennung von Krankheiten eine entscheidende Rolle.
Die MRT ist eines der bildgebenden Verfahren, das aus dem Klinikalltag in der medizinischen Diagnostik nicht mehr wegzudenken ist. Da sie physikalisch auf den Prinzipien der Kernspinresonanz beruht, wird sie auch als Kernspintomographie bezeichnet. Ein äußeres Magnetfeld richtet hierbei die Kernspins zunächst aus. Mit Hilfe von Radiowellen lassen sich die Kernspins resonant anregen. Daraus resultiert ein Signal, welches gemessen und von dem ein Bild abgeleitet wird. Hierbei gilt: Je stärker das äußere Magnetfeld ist, desto besser ist auch das MRT-Signal. Um möglichst starke Signale zu empfangen und somit gute MRT-Bilder zu erhalten, werden deshalb meist sehr starke Magnetfelder eingesetzt (etwa 20.000 bis über 50.000 Mal stärker als das Erdmagnetfeld).
Mittels sogenannter Hyperpolarisierung können MRT-Signale unabhängig vom angelegten Magnetfeld signifikant verstärkt werden. Die Ausrichtung der Kernspins erfolgt dann nicht durch das Anlegen eines äußeren Magnetfeldes, sondern durch Wechselwirkungen mit einer molekularen Hyperpolarisierungsquelle, wie zum Beispiel para-Wasserstoff. So lassen sich bereits niederschwellige Signale darstellen, die ohne Hyperpolarisierung nur schwer oder gar nicht detektierbar sind.
Molekulare Bildgebung erlaubt die Abbildung physiologischer Prozesse auf molekularer Ebene im menschlichen Körper, wie beispielsweise Veränderungen im zellulären Stoffwechsel oder in der Struktur und Funktion der Zelle. Bei vielen Krankheiten sind genau solche zellulären Prozesse gestört: So werden beispielsweise bei bestimmten Krebserkrankungen gewisse Proteine vermehrt auf der Zelloberfläche gebildet. Solche Vorgänge lassen sich dann durch Verwendung von zielgerichteten Kontrastmitteln detektieren. Diese bestehen aus einer zielgerichteten Einheit, die in der Lage ist Biomarker-Ziele im Körper – wie eben jene genannten Zelloberflächenproteine – spezifisch anzusteuern, und einem signalgebenden Molekül, welches von der gewählten Bildgebungs-Modalität detektiert werden kann. Dies ermöglicht sowohl die Lokalisierung als auch die Identifizierung entarteter Zellen, aber auch anderer Krankheitserreger im Körper. MRT stellt hierbei aufgrund der hohen räumlichen Auflösung und des nicht-invasiven Charakters ein hervorragendes Bildgebungsverfahren dar. Molekulare MRT birgt somit ein enormes Potenzial für die Früherkennung, Diagnostik und Behandlungsüberwachung von beispielsweise Tumoren, steckt jedoch aus klinischer Sicht noch in den Kinderschuhen. Häufig ist unter anderem die Sensitivität für die Abbildung molekularer Prozesse ein limitierender Faktor. Mit Hilfe der Hyperpolarisierung können Signale in der molekularen MRT verstärkt werden, dies wurde jedoch bisher nur für kleine Metaboliten gezeigt. Mit der in dieser Arbeit eingeführten Technik ist allerdings auch die Hyperpolarisierung größerer Moleküle möglich.
MEDICA.de; Quelle: DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien