Neurostimulation: Inceptiv™ gegen chronische neuropathische Schmerzen

Bei der Behandlung chronischer Schmerzzustände spielen Neurostimulatoren eine wichtige Rolle. Sie nutzen gezielte elektrische Impulse, um Schmerzsignale zu modulieren. Der Inceptiv™-Neurostimulator von Medtronic ist ein Beispiel für eine Behandlungslösung chronischer neuropathischer Schmerzen. Er kann Betroffenen eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität bieten.

Neurostimulatoren verwenden elektrische Impulse, um gezielt Nerven im Körper zu stimulieren. Sie werden oft zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Epilepsie oder chronischen Schmerzen eingesetzt, indem sie die elektrische Aktivität des Nervensystems modulieren.

Dafür wird ein Neurostimulator implantiert, was in der Regel chirurgisch erfolgt und eine präzise Platzierung des Geräts sowie programmierbare Einstellungen benötigt, um individuelle Bedürfnisse des Betroffenen adressieren zu können.

Die Entscheidung für die Implantation eines Neurostimulators folgt strengen medizinischen Kriterien. "Das sind Betroffene, bei denen eine operative Behebung des Problems und der Ursache der Schmerzen nicht mehr möglich oder nicht machbar ist. Dazu gehören beispielsweise Menschen, die nach einem Bandscheibenvorfall ein neuropathisches Schmerzsyndrom entwickelt haben", erklärt Prof. Malgorzata Kolodziej, Leiterin der Schmerztherapie und Neuromodulation am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM).

Die Neurostimulation kommt nicht nur für Patientinnen und Patienten mit neuropathischen Schmerzen in Betracht. Auch Betroffene mit Durchblutungsstörungen wie beispielsweise peripheren arteriellen Verschlusskrankheiten (PAVK) oder Phantomschmerzen profitieren von dieser Form der Schmerztherapie.

Die Diagnose und Auswahl erfolgen dabei über präzise Diagnoseverfahren und umfassende Beratungen, um sicherzustellen, dass der Neurostimulator effektiv und sicher eingesetzt werden kann. 

Der Prozess rund um den Einsatz des Neurostimulators erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen Neurochirurgen, Schmerztherapeuten und weiteren Spezialisten. "Die interdisziplinäre Behandlung ist der Schlüssel zum Therapieerfolg", betont Prof. Kolodziej. Diese Kooperation ermöglicht es, die Therapie individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen abzustimmen.

Bei der Implantation des Neurostimulators zur Schmerztherapie erfolgt zunächst eine präzise Lokalisierung der Zielnerven mittels bildgebender Verfahren wie MRI oder CT. Die Chirurgin oder der Chirurg platzieren dann die Elektroden entlang der betroffenen Nervenbahnen. Anschließend wird eine Art Tasche unter der Haut geschaffen, um den Neurostimulator zu implantieren. Nach der Platzierung werden die Elektroden an den Stimulator angeschlossen, der über eine externe Steuereinheit individuell eingestellt werden kann, um die optimale Schmerzlinderung für die Betroffenen zu erreichen.

Der Inceptiv™-Neurostimulator wurde im November 2023 am UKGM von Prof. Kolodziej als einer der ersten europaweit implantiert und ist momentan nur in der EU und in Japan zugelassen. Seitdem folgten fünf weitere Implantationen der neuesten Generation Neurostimulatoren am UKGM (Stand Februar 2024), die erstmals ihre Wirksamkeit in Echtzeit an Bewegungen und Aktivitäten des jeweiligen Betroffenen anpassen können. Das trägt zur Minimierung des Risikos von Unter- oder Überdosierung bei.

Der Neurostimulator nutzt eine Closed-Loop-Technologie, die es ermöglicht, die Stimulation basierend auf der Rückmeldung des Rückenmarks der Betroffenen automatisch anzupassen. Solche technischen Innovationen tragen dazu bei, dass die Therapie weniger von manuellen Einstellungen abhängig ist und eine konstante Schmerzlinderung gewährleistet wird.

Die Integration von neuen Technologien wie dem Inceptiv™-Neurostimulator in die Schmerztherapie bietet nicht nur verbesserte Behandlungsmöglichkeiten, sondern auch Hoffnung für Patientinnen und Patienten, die bisher keine Linderung ihrer Beschwerden erfahren konnten.

Eine Weiterentwicklung der Technologie, sodass die Frequenz der elektrischen Impulse automatisch angepasst werden kann, wäre laut Prof. Kolodziej ein Ziel für die Zukunft. Bisher müssen die Ärztinnen und Ärzte entscheiden, ob eine Hochfrequenz- oder Niederfrequenzstimulation verwendet werden soll. Die automatische und individuelle Einstellung der Frequenz würde dem Neurostimulator ermöglichen, die optimale Frequenz basierend auf den Bedürfnissen des Betroffenen anzupassen, was zu einer präziseren und individuelleren Schmerzlinderung führen würde.