Wie haben Sie sich auf den Einsatz von Dexter vorbereitet?
Matthaei: Wir haben das System zuerst nur theoretisch kennengelernt, dann ein mehrmonatiges Dry-Lab-Training an System und Simulatoren in unserem Zentrum angeschlossen. Zwischendurch konnten wir in Trainingszentren in der Schweiz und Frankreich unter anderen an Körperspenden trainieren. Kürzlich erst stand dann die erste Operation an.
Arensmeyer: Wir haben im Rahmen aller Projektaktivitäten auch immer die Patientensicherheit als wesentlichen Aspekt im Blick, weil die Technologisierung gerade enorm dynamisch ist. Das betrifft nicht nur die Robotik, sondern auch die Integration von KI-gestützten Entscheidungshilfen und erweiterten Realitäten.
All das wird uns in Kombination vor sehr spannende aber auch herausfordernde Veränderungen stellen. Deshalb haben wir uns als chirurgisches Team viele Gedanken gemacht, wie wir Technologien mit maximaler Patientensicherheit und auch Nachhaltigkeit implementieren können. Dies geht in Teilen auch über die Expertise der chirurgischen Fachkreise hinaus, weshalb wir uns mit Partnern aus Ethik und Rechtswissenschaft innerhalb und außerhalb der Universität vernetzt haben.
Wie und wann würden Sie denn die On-Demand-Robotik zukünftig einsetzen?
Matthaei: Grundsätzlich ist On-Demand-Robotik einsetzbar bei allen Operationen, die sonst minimal-invasiv stattfinden würden. Besonders vorteilhaft ist dies Verfahren natürlich bei komplexen OP-Schritten, bei denen wir erfahrungsgemäß von den Vorzügen der Robotik profitieren – zum Beispiel, wenn starke Vergrößerung, 3D-Visualisierung und feine, zitterfreie Präparation von Strukturen gefordert sind. Aufgrund der Simplizität eignet sich Dexter zudem in besonderem Maße für die chirurgische Lehre und Weiterbildung.
Da sich mit diesem System auch weniger komplexe Operationen effizient durchführen lassen, zum Beispiel Gallenblasenentfernungen oder Leistenbruchverschlüsse, kann auch der chirurgische Nachwuchs unkompliziert an das Thema Robotik herangeführt werden. Es ist von Vorteil, Ärztinnen und Ärzte möglichst frühzeitig für das Thema "Digitale Chirurgie" zu sensibilisieren und zu begeistern, da dies ohne Frage die Zukunft darstellt.
Wir sehen da in den kommenden Jahrzehnten auch ein enormes Potential für Forschung und Entwicklung auf ganz unterschiedlichen Teilgebieten, was neben den Patientinnen und Patienten dem Standort Deutschland/Europa extrem zugutekommen könnte, wenn wir früh dabei sind.