MEDICA DEEP DIVE: Robots in the OR: flexible, precise, tireless

Als Business Development Manager bei KUKA Deutschland GmbH weiß Dr. Andreas Keibel, was aus Hersteller-Sicht möglich ist. "Was wir beobachten, ist ein Paradigmenwechsel hin zu mehr Interventionsplanung. Ärztinnen und Ärzte können ihre Eingriffe auf der Grundlage von 3D-Bildern planen und durchführen - noch nicht zu Hause, aber vielleicht in Zukunft aus dem Home Office. Sie erhalten bereits eine detaillierte Vorstellung davon, wie der Eingriff an der Patientin oder dem Patienten aussehen wird, und können dieses Wissen gleich am nächsten Tag im OP verwenden."

Ein anderer Paradigmenwechsel ist laut Keibel aber bereits überfällig – und der betrifft nicht nur Roboter im OP, sondern im gesamten Krankenhaus. "Derzeit ist es schwierig, das Niveau im Gesundheitswesen zu halten. Roboter können helfen, indem sie das medizinische Personal sowie die Patientinnen und Patienten unterstützen."

Das sieht Prof. Dr. Dirk Wilhelm ganz ähnlich, dass es den heutigen Robotern noch an Autonomie fehlt. Hier kommen Algorithmen und maschinelles Lernen ins Spiel. Doch er warnt auch: "Es ist wichtig zu wissen: Die Algorithmen, die wir bislang trainiert haben, bieten keine 100-prozentige Genauigkeit. Bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten oder der Navigation im medizinischen Umfeld braucht es aber diese (fast) 100-prozentige Genauigkeit."

Auf die Frage, was möglich sein wird, wenn wir 15 Jahre in die Zukunft denken, antwortet er: "Wenn es um Möglichkeiten geht, ist fast alles möglich." Aber er glaubt nicht, dass Roboter den Menschen ersetzen werden. Denn die Frage sei immer, ob wir das überhaupt wollen. "Ich glaube, dass der Mensch einige Talente und überlegenes Wissen für die Behandlung von Patienten hat."

Ebenfalls ein heißes Thema für die Zukunft ist die sogenannte Remote Surgery. "Die Nutzung von 5G oder mittelfristig auch 6G wird eine neue Art von Mentoring ermöglichen", schaut Julian Klodmann voraus. "Das heißt, irgendwo werden Expertinnen und Experten das durchgeführte Verfahren überwachen oder beratend tätig sein, ohne dafür im selben Raum zu sein."

Doch bevor diese Themen den medizinischen Alltag bestimmen, müssen andere Schritte gemacht werden: "Wir wollen eine angemessene aufgabenspezifische Unterstützung durch eine gegenseitige Anpassung von Chirurgin oder Chirurg und kollaborierender Roboterunterstützung sowie ein höheres Maß an Autonomie auf der Grundlage neuartiger Wahrnehmungs- und Kontrollfähigkeiten bieten", blickt der Forscher auf die kommenden Schritte in der Robotik-Entwicklung.