Welche Zwischenergebnisse konnten mithilfe der eingesetzten 3D-Bewegungsanalyse erfasst werden?
Tomschi, Hilberg: In der Statik konnten lediglich signifikant stärkere Beckentorsionen bei Betroffenen mit Hämophilie festgestellt werden. In der Fußmechanik waren statisch keine Unterschiede messbar.
In der dynamischen Analytik zeigte sich ein anderes Bild: Hier konnten eine erhöhte Rumpfvorneigung und Beckentorsionen sowie eine reduzierte Lordose der Lendenwirbelsäule bei den Personen mit Hämophilie nachgewiesen werden. Diese Befunde verdeutlichen die besonderen Herausforderungen, denen sich Personen mit Hämophilie in Bezug auf eine stabile Körperhaltung und eine ausgeglichene Bewegungssteuerung beim Gehen gegenübersehen.
Darüber hinaus wurden veränderte Druckverhältnisse im Abrollverhalten der Füße bei Personen mit Hämophilie festgestellt. Insbesondere im medialen Vorfuß und der Ferse konnten signifikante Unterschiede im Vergleich zu gesunden Kontrollen gemessen werden. Diese Erkenntnisse tragen dazu bei, ein besseres Verständnis der Fußmechanik bei Personen mit Hämophilie zu erlangen und können somit dazu beitragen, gezielt neue Therapieansätze zu entwickeln.
Welchen Einfluss hat die Gelenksituation bei Personen mit Hämophilie auf das Gangmuster?
Tomschi, Hilberg: Insbesondere bei Personen mit stark betroffenen Sprunggelenken, sprich Personen mit einer fortgeschrittenen hämophilen Arthropathie, konnte eine reduzierte Schrittlänge und Schrittdauer sowie eine erhöhte Schrittfrequenz gemessen werden. Diese Befunde sind äußerst bedeutsam, da sie zeigen, dass Personen mit Hämophilie nicht nur Schwierigkeiten bei der Haltung und dem Abrollverhalten der Füße haben, sondern auch in ihrer grundsätzlichen Fortbewegung eingeschränkt sind.
Interessanterweise zeigten die Ergebnisse, dass trotz gemessener subjektiver Schmerzen bei den Personen mit Hämophilie keine signifikanten Korrelationen zwischen den Wirbelsäulenparametern und dem momentanen Schmerzerleben (bewertet durch die visuelle Analogskala, VAS) bestand. Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren wie beispielsweise die schlechte Gelenksituation, einen größeren Einfluss auf die Haltung haben als Schmerzen.
Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung, da sie zeigen, dass bei Personen mit Hämophilie möglicherweise nicht nur Schmerzen, sondern andere Faktoren wie strukturelle Gelenkschäden maßgeblich zu Haltungsveränderungen führen können. Eine sorgfältige Analyse der Gelenksituation sollte daher bei der Bewertung der Körperhaltung von Personen mit Hämophilie durchgeführt werden.