MEDICA.de hat mit Thomas Rockenbauer und Martin Petraschka gesprochen und sie zu ihrer Zusammenarbeit und zur digitalen Entwicklung in der Orthopädiebranche befragt.
Herr Rockenbauer, warum ist der Einsatz von 3D-Druckern in der Orthopädie sinnvoll?
Thomas Rockenbauer: Bei der Orthopädie handelt es sich um ein klassisches Handwerk, bei dem Heilbehelfe nach Maß und/oder Modell anfertigt werden. Hier kann der 3D-Drucker seine große Stärke ausspielen. Formen, Funktionen und Materialstärken können mithilfe des 3D-Drucks individuell auf den Patienten zugeschnitten werden. Bei komplexen Strukturen stößt das traditionelle Herstellungsverfahren oft an seine handwerklichen Grenzen. Außerdem ist die traditionelle Herstellung sehr zeit- und kostenintensiv – der Wunsch nach einer schnellen Produktverfügbarkeit jedoch groß. 3D-gedruckte Orthesen werden zudem gerne getragen, da man sie individuell designen kann. Das erhöht den therapeutischen Effekt. Ein weiterer Pluspunkt: Wenn die Orthese einmal am Computer entworfen und konstruiert worden ist, kann man sie jederzeit wieder mit gleicher Qualität neu ausdrucken. Das kann gerade bei Kindern relevant sein, bei denen die Struktur der Orthese grundsätzlich gleichbleibt, während die Kinder aber mit dem Alter wachsen.
Wie funktioniert die Entwicklung Ihrer 3D-Druckersyteme?
Rockenbauer: Wir setzen bei unserem 3D-Drucksystem auf die Technologie der Stereolithografie. Hier wird ein flüssiges Polymer mithilfe von UV-Licht Schicht für Schicht ausgehärtet. Dafür haben wir ein Becken, das mit biokompatiblem Harz gefüllt ist. Ein Projektor belichtet dieses Harz-Bad und härtet damit die Schicht aus. Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt und das Bauteil Schicht für Schicht aufgebaut. Die Stereolithografie hat gegenüber anderen 3D-Druckverfahren zahlreiche Vorteile: einer davon ist die Druckgeschwindigkeit. Der Vorgang verläuft schneller als beim Selektiven Lasersintern (SLS) oder beim Fused Deposition Modeling (FDM). Außerdem müssen unsere Bauteile nach dem Druck nicht auskühlen – wie es zum Beispiel bei SLS der Fall ist. Zusätzlich können wir transparente Bauteile fertigen. Das ist gerade im Bereich der Orthopädie interessant, da der Orthopädietechniker durch die Orthese hindurchsehen und entsprechend erkennen kann, ob es Druckstellen gibt.
Wie stellen Sie sich die Orthopädietechnik der Zukunft vor?
Rockenbauer: Ich gehe davon aus, dass die Orthopädietechnik in der Zukunft auf jeden Fall voll digital arbeiten wird. Das traditionelle Handwerk wird übergehen zu neueren Technologien – zum Beispiel zu Computer-Aided Design (CAD). Teilweise werden auch schon 3D-Scanner genutzt, wie zum Beispiel bei Kerkoc. Der nächste große Schritt ist, auch die Fertigung mittels 3D-Druck zu digitalisieren. Es geht also darum, mit dem 3D-Druck schnellstmöglich exakte, individuelle Lösungen für den Patienten zu fertigen.