Im Interview mit MEDICA.de spricht Prof. Oskar Aszmann darüber, was bionische Rekonstruktion eigentlich bedeutet, wie die neuartige Prothese funktioniert und warum das System nicht nur Patienten nach einer Amputation helfen kann.
Prof. Aszmann, Ihre neuentwickelte Prothese funktioniert nach dem Prinzip der bionischen Rekonstruktion. Können Sie das genauer erklären?
Prof. Oskar Aszmann: Das Wort Bionik ist ein Akronym, das sich aus Biologie und Technik zusammensetzt. Bei der bionischen Rekonstruktion beschäftigen wir uns mit der Aufbereitung biologischer Signale, um ein Stück Technik – die Prothese – zu kontrollieren. Das sind Nervensignale, die wir so aufbereiten müssen, dass die Prothese sie versteht und umsetzt.
Wenn ein Mensch zum Beispiel einen Arm verloren hat, sind zwar noch alle entsprechenden Nerven vorhanden, aber nutzlos. Wir müssen dann in einem chirurgischen Eingriff einen Nerventransfer vornehmen. Dabei verlagern wir die Nerven in andere Muskeln im Amputationsstumpf, sodass sie wieder eine gewisse Funktionalität bekommen und die Biosignale sinnvoll für die Prothesensteuerung herangezogen werden können. Mithilfe eines Sensors – der kann auf der Haut sitzen oder implantiert sein – werden diese Signale aufgenommen und an die Prothese geleitet. Wir haben ein System entwickelt, das in sich geschlossen ist. So befinden sich auch in der Prothese Sensoren, die eine Rückmeldung an den Patienten ermöglichen.
Zwei wichtige Rückmeldungen haben wir zurzeit technisch sinnvoll gelöst: Der Patient weiß, wann der Kontakt der Prothese mit einem Objekt erfolgt. Und er weiß, wie intensiv die Kraftübertragung ist, also wie fest er das Objekt hält. Es gibt demnach eine geschlossene Feedback-Schleife, die durch eine Cuff-Elektrode – das ist eine Manschette, die um einen Nerv gelegt wird, um ihn zu stimulieren und so wiederum die Feedback-Schleife zu schließen – ermöglicht wird. Ein solches System nennen wir bionische Prothese.