"Spiele können physisches und kognitives Training kombinieren. Außerdem bieten sie die Möglichkeit, Daten zu erheben. Therapeutinnen und Therapeuten können so den Trainingserfolg ohne physische Präsenz kontrollieren. Sportlerinnen und Sportlern wiederum können selbstständig trainieren und sind dabei nicht auf Behandlungssitzungen angewiesen. Zuletzt motivieren Spiele auch, bei länger andauernder Rehabilitation am Training dranzubleiben", sagt Dr. Eveline Graf von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Interview mit MEDICA.de. Zusammen mit ihrem Team evaluiert sie den Einsatz des "ExerCubes" in der Rehabilitation nach Verletzungen des Kreuzbandes. "Der ExerCube ist ein Gerät für HIIT, high-intensity interval training, also hoch-intensives Training. Er bietet die Möglichkeit zum Training in einer virtuellen Welt", erklärt Graf.
Mit der virtuellen Welt spielen Exergames einen weiteren Trumpf aus: Sie kann nicht nur stimulierend auf die Spielenden wirken, und damit attraktiver sein als die bloße Durchführung von Übungen in einem unveränderlichen Therapieraum. Durch die hervorgerufene Immersion – die Illusion, ein Teil der Spielwelt zu sein – kann sie die Schmerzwahrnehmung der Patientinnen und Patienten verändern und so gegebenenfalls Hemmungen vor bestimmten Bewegungen abbauen oder sie leichter durchführbar machen.
Auch zur Schmerztherapie selbst kann die Immersion beitragen. Diese Einsatzmöglichkeit wird zurzeit im Projekt "ReliefVR" am Universitätsklinikum Würzburg erforscht: Patientinnen und Patienten sollen in einer Virtual-Reality-Umgebung Übungen gegen chronische Rückenschmerzen durchführen, wobei das Schmerzempfinden durch die Konzentration auf die virtuelle Umgebung theoretisch verringert werden kann.
Eine Verbindung zwischen der virtuellen und der realen Welt schafft das Projekt "KORA", indem es spielerische Ansätze mit einem traditionellen Therapiemittel verbindet. "KORA" steht für "Kostengünstige aktive Orthese zur Rehabilitation und Analytik von kindlichen Bewegungsstörungen". Im Projekt wird eine aktive Orthese entwickelt, die zusammen mit einer App dabei helfen soll, spielerisch das Bewegungsverhalten zu trainieren und so Bewegungsstörungen bei Kindern zu behandeln.
"Meine Hoffnung ist, dass das Potenzial dieser Art von Begleittherapie erkannt wird. Es geht nicht in erster Linie darum, eine traditionelle Therapie zu ersetzen, sondern den Kindern und Eltern die Möglichkeit zu geben, die Therapie außerhalb einer Praxis auf einfache und spielerische Weise fortzusetzen", sagt Fabienne Erben im Interview mit MEDICA.de. Sie hat die App an der Hochschule München im Rahmen ihrer Bachelorarbeit entwickelt. Während Kinder die Bewegungen üben, misst die Orthese die Abläufe und zeichnet sie auf. Diese Daten können von Eltern und Physiotherapeutinnen und -therapeuten abgerufen werden, um die Fortschritte der Kinder zu beurteilen.