Kann man eine zunehmende Digitalisierung denn umgehen?
Voll: Die Digitalisierung ist nicht mehr zu umgehen, da sie schon weite Teile des Leistungsoptimierungsprozesses – gerade im außerpersonalen Rahmen – vereinnahmt hat und letzteren immer bedeutungsvoller werden lässt.
Aktuell schon liefern in der Formel 1 pro Rennwagen 200 Sensoren die unglaubliche Datenmenge von 250.000 Gigabyte, welche in Echtzeit verarbeitet werden und die optimalen Zeitfenster für Boxenstopps, Reifenwechsel oder potenzielle Überholmanöver berechnen. Wo bleibt hier die vom Fahrer allein verantwortete Leistung? Diesen Prozess der Digitalisierung rückgängig zu machen, gliche einem Kampf gegen Windmühlen. Denn auch (Medien-)Konsumierende haben sich schon so an die externen Leistungsgrößen und an die Lieferung spannender Daten und Analysen gewöhnt, dass die Sportindustrie nach anfänglichem Zögern bei der digitalen Transformation mittlerweile in den Angriffsmodus übergegangen ist.
Wohin jedoch ein solcher Prozess führen kann, zeigen aktuell schon entwickelte Nanobots. Hier werden Mikroroboter im Stoffwechsel implementiert, mit Hilfe derer Energie zugeführt oder Muskeln z.B. in entscheidenden Wettkampfsituationen stimuliert werden können.
Gerade hinsichtlich der Steuerung der Trainingsintensität, Regeneration und Verletzungsprävention sind Daten aber nicht per se schlecht. Worauf sollte aber bei der Datensammlung geachtet werden?
Voll: Man möchte den Coaches und Verantwortlichen zurufen: "Respice finem!" (Bedenke das Ende/die Folgen!), denn wenn am Ende der gläserne, fremdgesteuerte Mensch steht, droht der Sport zu einer reinen Konkurrenzveranstaltung der besten Ärzte und Ärztinnen oder Ingenieurinnen und Ingenieure zu werden. Hier ist jedoch die Grenzziehung zwischen gesundheitlich Notwendigem und medizinisch Vertretbarem nur schwer herzustellen.
Ein Beispiel: Beim Bioprinting wird organisches Gewebe wie mit einem 3D-Drucker erzeugt. Auf der einen Seite können durch optimale Passform und hochelastisches Material zum Beispiel Kreuzbandrisse schneller geheilt werden, was vor allem im Profisport einen früheren Wiedereinstieg nach Verletzungen ermöglicht. Auf der anderen Seite könnten durch die veränderten Spezifika des Gewebes größere Möglichkeiten (Flexibilität, Federwirkung etc. ) der Leistungssteigerung erzielt werden. Zudem gilt es, die ermittelten personalen Daten verantwortungsvoll zu verwalten.