Echtzeitfeedback und Gamification bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen
Echtzeitfeedback und Gamification bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen
13.03.2023
Therapien zu Behandlung von Skoliose, der häufigsten Wirbelsäulenerkrankung bei Kindern und Jugendlichen, sind für die jungen Patienten oft belastend und für den Therapeuten mit einem hohen Zeitaufwand verbunden.
Bei krankengymnastischen Therapien gibt iScoolio nun Patientinnen und Patienten über visuelle Rückmeldungen in einer App die Sicherheit, ohne professionelle Überwachung durchgeführte therapeutische Übungen auch "richtig" gemacht zu haben. Gamification-Elemente steigern zusätzlich die Motivation. Dies gilt auch für Skolio-FED, einem innovativen System für die Korsettbehandlung.
Prinzipdarstellung von iScoolio bei einer skoliosespezifischen Übung. Abgebildet sind das Stab-Modul, die Weste mitsamt Sensoren (Wearable-Modul) sowie das Interface- Modul (Tablet mit App).
Produkte und Aussteller zum Thema
Aussteller und Produkte zu diesem Thema finden Sie in der Datenbank der MEDICA 2022:
Modernes und wertiges Design sprechen die Patienten an, datenbasierte Empfehlungen zur Therapie unterstützen den Therapeuten bzw. die Therapeutin. Und das Fraunhofer IWU macht auch Orthesen smart: Bei Sprunggelenksverletzungen misst SensO-FeeT Kräfte, Winkel und Beschleunigungen im Sprunggelenk während des Gehens, um die Belastungen des verletzten Gelenks zu ermitteln. Eine App kann so vor erneuter Überlastung warnen. Für die Ruhigstellung vieler weiterer Gelenke stehen nun 3D-gedruckte Orthesen mit integriertem Draht zur Verfügung. Über den eingebetteten Draht lässt sich die Orthese erwärmen und je nach Behandlungsfortschritt immer wieder neu an das Gelenk anpassen.
Skoliose bezeichnet eine strukturelle dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule und ist die häufigste Wirbelsäulenerkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Bis zu 80 Prozent aller Kinder in Deutschland haben eine Haltungsschwäche, die sich im Laufe der Pubertät zu einer Skoliose entwickeln kann. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen sind Therapien oft sehr belastend, für die Therapeuten sind sie mit hohem zeitlichen und organisatorischen Aufwand verbunden. Innovative Technologien können nun beide Seiten entlasten – Patienten durch Apps, die Behandlungsschritte erläutern, mit Echtzeitfeedback und Gamification aufzeigen, ob eine Übung korrekt durchgeführt wurde und welche Behandlungsfortschritte dabei erzielt werden konnten.
Im Fokus physiotherapeutischer Behandlungen steht die Haltungskorrektur durch aktiv vom Patienten ausgeführte segmentale Bewegungen. Ein Beispiel dafür ist die insbesondere in Deutschland weit verbreitete Schroth Therapie. Die durch Therapeutinnen und Therapeuten angeleitete Methode basiert auf gezielten Bewegungsübungen der paravertebralen Zielmuskulatur und die so genannte Dreh-Winkel-Atmung. Ziel ist eine selbstständig erreichte aufrechte Körperhaltung. Diese aktiven Therapieübungen setzen voraus, dass die Patientinnen und Patienten anspruchsvolle Bewegungsabläufe verstehen und umsetzen können. Dazu bedarf es meist einer direkten Betreuung durch einen Therapeuten oder Arzt. Entsprechend hoch ist der zeitliche Aufwand.
Im Projekt iScoolio entwickelte das Fraunhofer IWU die technologische Basis für eine ganzheitliche und individualisierte Skoliose-Therapie mit körperlichen Übungen zum Aufbau der Körperhaltungsmuskulatur bei idiopathischer Skoliose; Projektpartner waren die Protronic Innovative Steuerungselektronik GmbH, die Fuzz Tech IT Solutions GmbH sowie das Universitätsklinikum Jena. Das System gewährleistet ein umfassendes Patienten-Monitoring, Echtzeitfeedback und Langzeitkontrolle über den Therapieerfolg. Visuelle Rückmeldungen in der App geben Patientinnen und Patienten die Sicherheit, ohne professionelle Überwachung durchgeführte therapeutische Übungen auch "richtig" gemacht zu haben. Zusätzlich steigern ein digitales Nutzerprofil und Gamification-Elemente die Motivation.
Bei ihren Übungen tragen Patientinnen und Patienten eine mit Sensoren bestückte Weste. Die Sensoren übernehmen das Motion Tracking und überwachen die Atmung. Für das Nachvollziehen der Bewegungsabläufe ist also kein Kamerasystem erforderlich. Zusätzliche Module ermöglichen die Simulation einer Sprossenwand im Türrahmen, das Tracken von Kräften beim Ausführen der Übungen oder ein Training der tieferliegenden Muskulatur durch das gezielte Einbringen einer wackligen Unterlage. Zudem bietet die Messung des COP (Center of Pressure) einen diagnostischen Anhaltspunkt für den Verlauf der Therapie.
iScoolio könnte sogar Therapiesysteme für das private Umfeld ohne Therapeutinnen und Therapeuten ermöglichen; konzipiert ist es in erster Linie jedoch zur Begleitung von Physiotherapien, bei denen ärztliches oder therapeutisches Personal nicht jede Übung vor Ort persönlich betreuen kann.
MEDICA.de; Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU