Exoskelette in der Gangrehabilitation: Fortschritte und Praxisbeispiele

Die Gangrehabilitation ist bei der Wiederherstellung der Mobilität nach neurologischen oder muskuloskelettalen Erkrankungen zentral. In den letzten Jahren haben Exoskelette als unterstützende Technologie erhebliche Fortschritte gemacht und bieten effektive Möglichkeiten zur Therapie.

Wir geben einen Überblick über den Stand der Technik und stellen zwei wegweisende Unternehmen vor, die ihre Exoskelette auf der MEDICA 2024 präsentiert haben: ExoAtlet und RoboCT.

Exoskelette sind robotergestützte Systeme, die den Bewegungsapparat von Menschen unterstützen. Sie arbeiten mit Sensoren, Motoren und Steuerungsalgorithmen, um eine natürliche Gangbewegung zu simulieren. Moderne Exoskelette passen sich an die Benutzenden an und ermöglichen eine gezielte Rehabilitation durch verschiedene Betriebsmodi, darunter passive, aktive und assistierende Unterstützung. Zudem sammeln sie in Echtzeit Daten über den Bewegungsablauf, was die Anpassung der Therapie verbessert.

ExoAtlet möchte Exoskelette sowohl in medizinischen Einrichtungen als auch für den Heimgebrauch verfügbar machen. CEO Ekaterina Bereziy betont: "Die Zukunft der Exoskelette ist zum Greifen nah. Wir sehen bereits erste Anzeichen für eine weit verbreitete Nutzung in den USA und Deutschland, wo Exoskelette für den privaten Gebrauch erstattet werden."

Ein herausragendes Merkmal der ExoAtlet-Exoskelette ist das integrierte elektrische Stimulationsmodul, das gezielt die Muskeln in den jeweiligen Gangphasen aktiviert. Dies unterstützt nicht nur den Bewegungsablauf, sondern fördert auch Muskelregeneration und neuronale Plastizität. Zudem zeichnen sich die Systeme durch ihre Benutzerfreundlichkeit aus. "Wir wollen, dass unsere Geräte einfach, zuverlässig und leicht zu bedienen sind, sowohl für Benutzende als auch für ihre Familien und Therapeutinnen und Therapeuten", erklärt Bereziy.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Standardisierung und Integration in medizinische Behandlungsrichtlinien. Laut Bereziy fehlt es oft an Wissen über Exoskelette: "Die Technologie ist noch neu, und selbst Ärztinnen und Ärzte haben oft nur ein unvollständiges Verständnis ihrer Möglichkeiten." Daher arbeitet ExoAtlet eng mit Forschungseinrichtungen zusammen, um die Effektivität wissenschaftlich zu belegen.

Das "Hugo"-Exoskelett von RoboCT richtet sich an Erwachsene mit Rückenmarksverletzungen oder nach Schlaganfall, während „KGO“ speziell für Kinder mit Muskeldystrophie oder Zerebralparese entwickelt wurde. CEO Leo Q. Wang beschreibt die Mission des Unternehmens: "Wir wollen mehr Menschen helfen, eine bessere körperliche Verfassung zu erreichen und ihre Mobilität zu verbessern."

Ein besonderes Merkmal der RoboCT-Systeme ist die Integration von KI und einer Echtzeit-Datenplattform. Das Exoskelett analysiert die Bewegungsdaten des Benutzenden und passt die Unterstützung entsprechend an. Wang erklärt: "Das Exoskelett erkennt den Kraftaufwand und gibt gezielt Unterstützung, um den Schritt vollständig auszuführen. Zudem ermöglicht unsere Plattform Therapeutinnen und Therapeuten, die Daten in Echtzeit zu analysieren und die Behandlung anzupassen."

Darüber hinaus bietet RoboCT verschiedene Betriebsmodi – von passiver bis aktiver Unterstützung –, die eine flexible Nutzung in unterschiedlichen Rehabilitationsphasen ermöglichen. Diese Technologie eröffnet neue Möglichkeiten, um Trainingsprogramme fortlaufend zu optimieren.

Exoskelette bewirken physiologische und biochemische Veränderungen im Körper des Patienten. Dies betrifft unter anderem die Sauerstoffsättigung, die Muskelaktivität und die neurologische Reorganisation.

Und auch die Patientenreaktionen sind vielversprechend. "Viele sind anfangs skeptisch oder ängstlich. Doch sobald sie die ersten Schritte mit einem Exoskelett gemacht haben, erleben sie oft einen Motivationsschub", berichtet Bereziy. In einigen Fällen konnten Schlaganfallbetroffene bereits nach wenigen Wochen ihre Mobilität erheblich verbessern oder sogar auf Gehhilfen verzichten.

ExoAtlet und RoboCT sehen eine große Zukunft für Exoskelette in der medizinischen Rehabilitation. Laut Wang haben sich Exoskelette in den letzten zehn Jahren von experimentellen Laborgeräten zu praxistauglichen Therapiehilfen entwickelt: "Früher waren sie nur in Universitäten und Forschungslaboren zu finden. Heute werden sie in Kliniken eingesetzt, und in Zukunft könnten sie sogar zu Hause verfügbar sein."

Eine zentrale Herausforderung bleibt jedoch die Finanzierung. Bereziy kritisiert, dass Krankenversicherungen in vielen Ländern bei der Kostenübernahme noch zögern: "In Ländern mit Krankenversicherungssystemen sind Menschen oft weniger bereit, in ihre eigene Gesundheit zu investieren." Dennoch gibt es erste Programme in Deutschland, den USA und Japan, die Exoskelette finanziell fördern.