Im Interview mit MEDICA.de erklärt Prof. Cristina Piazza, wie eine intuitivere Bedienung für Prothesen erreicht werden und welche Möglichkeiten diese für die Zukunft eröffnen kann.
Frau Prof. Piazza, können Sie uns mehr Einblicke in Ihren Ansatz geben?
Prof. Cristina Piazza: Wir streben einen nutzerzentrierten Ansatz an, indem wir Personen mit Gliedmaßenverlust in unsere Forschung einbeziehen, um ihre Bedürfnisse und die Grenzen der derzeitigen Technologien zu ermitteln.
In den letzten zwanzig Jahren haben wir einen technologischen Fortschritt bei künstlichen Händen und Geräten für die oberen Gliedmaßen beobachtet, doch die Kontrolle bereitet oft Probleme. Bislang messen ein oder zwei Sensoren auf der Haut den Grad der Muskelkontraktion im Stumpfbereich, allerdings nur bei großen Muskeln. Dies ermöglicht die Steuerung des Schließens und Wiederöffnens der Prothese.
Aktuelle Strategien für die Kontrolle einer besseren Geschicklichkeit der Prothesen erfordern oft einen hohen kognitiven Aufwand, etwa die gleichzeitige Aktivierung von Agonisten-Antagonisten-Muskeln. Wir suchten nach einer Steuerungsmethode in der Robotik, die der menschlichen Bewegungssteuerung näherkommt und natürlicher sein kann.
Wie genau funktioniert Ihr Steuerungssystem?
Piazza: Wir verwenden ein System, das aus zwei Folien mit jeweils 64 Sensoren besteht, die an der Vorder- und Rückseite des Unterarms angebracht sind. So können wir große Datenmengen sammeln und mit einer KI verarbeiten, um die Bewegungsabsicht zu erkennen. Wir analysieren die unterschiedlichen Beiträge verschiedener Muskeln des Unterarms für jede Handbewegung.
Wird eine Geste ausgeführt, erkennt der Algorithmus verschiedene Bereiche der Muskelaktivierung. Dadurch erhalten wir räumliche Informationen über die Aktivierung der Unterarmmuskeln und können diese in die Absicht der Benutzerinnen und Benutzer umsetzen, eine bestimmte Handbewegung auszuführen.
Im Gegensatz zu den meisten kommerziellen Systemen ist keine App auf dem Smartphone nötig, um auszuwählen, welche Geste die bionische Hand ausführen soll. Es genügt die Kontraktion der Muskeln auf die natürlichste Weise. Menschen denken an eine Drehung ihres Handgelenks, Sensoren extrapolieren die entsprechende Muskelaktivierung, die KI erkennt diese Absicht und setzt sie in die Prothesenbewegung um.