Seltene Krebserkrankungen: frühzeitiges Erkennen von familiärem Krebsrisiko
Seltene Krebserkrankungen: frühzeitiges Erkennen von familiärem Krebsrisiko
31.10.2022
Das NCT ist eine standortübergreifende Kooperation von Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) in Heidelberg sowie von DKFZ, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinischer Fakultät der TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) in Dresden. Vererbbare genetische Veränderungen spielen für die Entstehung von Krebserkrankungen eine wichtige Rolle, bleiben jedoch bislang meist unentdeckt. Patientinnen und Patienten sowie deren Familien könnten von einer frühzeitigen molekularen Diagnostik profitieren.
Vererbbare genetische Veränderungen spielen für die Entstehung von Krebserkrankungen eine wichtige Rolle.
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Dies konnte ein internationales Forschungsteam im Deutschen Krebskonsortium (DKTK) unter Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Carl Gustav Carus Dresden, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden und Heidelberg in einer groß angelegten Studie im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programms zeigen.
Von den knapp 1.500 Patientinnen und Patienten waren rund 80 Prozent an seltenen Krebsarten erkrankt. Mehr als zehn Prozent aller Teilnehmenden wiesen eine erbliche Krebsveranlagung auf, die in 75 Prozent der Fälle bisher nicht bekannt war. Familienangehörige können nun bereits vor dem möglichen Auftreten der ersten Tumorerkrankung genetisch untersucht und in klinische Früherkennungsprogramme eingeschlossen werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Annals of Oncology veröffentlicht.
Fachleute schätzen, dass sich etwa fünf bis zehn Prozent aller Krebserkrankungen auf erbliche genetische Veränderungen – auch Keimbahnveränderungen genannt – zurückführen lassen, die in allen Körperzellen vorliegen. Untersuchungen hierzu erfolgen bisher meist bei Patientinnen und Patienten mit eher häufigen Krebserkrankungen, wie Brust- und Darmkrebs.
In der nun vorliegenden Studie konnte ein internationales Forscherteam auf breiter Datenbasis zeigen, dass erbliche krebsfördernde Veränderungen bei unterschiedlichen seltenen Krebserkrankungen eine wichtige Rolle spielen, bisher aber kaum diagnostiziert werden. In die Untersuchung waren knapp 1.500 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, von denen rund 80 Prozent an seltenen Tumoren erkrankt waren. Bei ihnen wurde basierend auf einer modernen Hochdurchsatzsequenzierung von Blut- und Tumorgenomen gezielt nach Keimbahnveränderungen in 101 klinisch relevanten Krebsrisikogenen gesucht.
Etwas mehr als zehn Prozent aller Teilnehmenden wiesen eine autosomal-dominant vererbbare Krebsveranlagung auf. Diese geht mit einem stark erhöhten Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, einher und wird von Generation zu Generation unabhängig vom Geschlecht mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent weitergegeben. Für 75 Prozent der Patientinnen und Patienten sowie deren Familien wurde diese genetische Tumorrisikosituation erst im Rahmen der MASTER-Studie diagnostiziert.
Evelin Schröck, Direktorin des Instituts für Klinische Genetik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, erklärt: "Bei Verdacht auf Vorliegen eines solchen genetischen Tumorrisikosyndroms ist es besonders wichtig, die Patientinnen und Patienten und auch die Familienmitglieder genetisch zu testen, um das individuelle Krebsrisiko zu ermitteln und Krebserkrankungen durch engmaschige präventive Untersuchungen möglichst frühzeitig zu erkennen oder sogar verhindern zu können.“
Hanno Glimm, Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT/UCC Dresden und Abteilungsleiter am DKFZ, erläutert: "Unsere Studie zeigt, dass ein überraschend hoher Anteil an Krebspatientinnen und -patienten mit seltenen Tumorerkrankungen eine erbliche Krebsveranlagung aufweist und dass ein Großteil dieser Prädispositionen im Normalfall nicht diagnostiziert wird. Es wäre wünschenswert, dass künftig deutlich mehr Patientinnen und Patienten mit seltenen Krebserkrankungen eine umfassende molekulare Untersuchung erhalten können.“
MEDICA.de; Quelle: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg